Kleve Sterbekasse – Klever fühlen sich betrogen

Kleve · In den vergangenen elf Jahren hat ein Ehepaar – 74 und 69 Jahre alt – etwa 7500 Euro in eine Sterbegeldversicherung eingezahlt. Nach der Kündigung sollte es nur rund 3600 Euro zurückbekommen. Sein Anwalt legt nun Beschwerde ein.

 Schaufenster der "Sterbekasse für den Niederrhein und das ganze Ruhrgebiet" an der Brabanterstraße.

Schaufenster der "Sterbekasse für den Niederrhein und das ganze Ruhrgebiet" an der Brabanterstraße.

Foto: KLAUS Stade

In den vergangenen elf Jahren hat ein Ehepaar — 74 und 69 Jahre alt — etwa 7500 Euro in eine Sterbegeldversicherung eingezahlt. Nach der Kündigung sollte es nur rund 3600 Euro zurückbekommen. Sein Anwalt legt nun Beschwerde ein.

Ein Klever Rentner-Ehepaar — er 74, sie 69 Jahre alt — wollte sich ein neues Auto gönnen. Ihr VW Golf ist schließlich 21 Jahre alt und hat stattliche 245 000 Kilometer auf dem Tacho. Um sich den Neuwagen leisten zu können, kündigten die Klever beide ihre vor elf Jahren bei der "Sterbekasse für den Niederrhein und das ganze Ruhrgebiet" mit Sitz auf der Brabanterstraße abgeschlossenen Sterbegeldversicherungen. Doch die Antwort der Versicherung war ein Schock für die Senioren. Nachdem der 74-Jährige 34,50 Euro und die 69-Jährige 21,10 Euro Monat für Monat elf Jahre und zwei Monate lang der Versicherung bezahlt hatten, mussten sie nun lesen, was sie nach ihrer Kündigung ausgezahlt bekommen sollten. Dem 74-Jährigen will die Versicherung von den bislang eingezahlten 4623 Euro 2003,51 Euro überweisen, die 69-Jährige soll von den eingezahlten 2840,80 Euro 1617,92zurückbekommen. Ein Verlust von 3842,38 Euro.

"Das ist allgemein — auch bei anderen Versicherungen — so üblich", meint der Geschäftsführer der "Sterbekasse für den Niederrhein und das ganze Ruhrgebiet", Detlev Koken. Der Rückkaufswert sei nicht willkürlich festgelegt, sondern ergebe sich aus gesetzlichen Vorgaben und werde von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) kontrolliert. Schließlich hätte das Ehepaar ja alle die Jahre Versicherungsschutz genossen. Dem Ehepaar riet die Sterbekasse in einem Schreiben von der Kündigung ab und empfahl, lieber den Beitrag zu erhöhen. Das sei "günstiger", so das Argument der Versicherung.

Davon war der 74-Jährige nicht zu überzeugen. Stattdessen machte er sich auf den Weg zur Versicherung in der Brabanterstraße, um zu erfahren, wo das Geld des Paares geblieben sei. Da er vor den Rechtsanwaltskanzlei von Udo Janssen den Wagen des befreundeten Juristen sah, hielt der Senior an und trug dem Anwalt den Fall vor.

Auch Udo Janssen war erschüttert — er versprach, sich des Falles anzunehmen. Schriftlich fragte der Jurist bei der Sterbekasse an, wie die enormen Verluste, die das Ehepaar im Fall der Kündigung hinnehmen solle, zu erklären seien. Bislang bekam der Jurist nur unbefriedigende Antworten. Die Höhe der Rückzahlung bei einer Kündigung der Versicherung werde auf Basis der Versicherungsbestimmungen ausgerechnet. Dies zu erklären, sei jedoch zu kompliziert und zu kostspielig. Er (der Anwalt) könne ja bei der Bafin eine Beschwerde einlegen, teilte ihm die Sterbekasse für den Niederrhein und das ganze Ruhrgebiet mit.

Verbraucherschutz-Organisationen warnen schon seit Jahren vor dem Abschluss von Sterbegeldversicherungen. Während die Klever Sterbekasse in ihrer Werbung verspricht "Die Sterbegeldversicherung gibt Sicherheit — Ihnen und Ihren Hinterbliebenen" oder "Bestattungsvorsorge — die Hinterbliebenen gut abgesichert zu wissen", beurteilen die Verbraucherschützer diese Form der Absicherung kritisch. "Völlig überflüssig und nur für die Versicherungen selbst ein Geschäft ", meint der Bund der Versicherten (BdV). "Eine Geldanlage mit garantierter Minusrendite", sagt die Verbraucherzentrale in Bayern. "Auf einem ganz normalen Sparbuch ist das Geld auf jeden Fall besser aufgehoben als bei einer Sterbeversicherung", rät die Verbraucherzentrale in Hamburg.

Vor elf Jahren, als der 74-jährige Klever und seine Ehefrau die Versicherungen abschlossen, versäumten sie, sich eingehend zu informieren. Sie wollten nur, dass ihre drei Kinder — ein Sohn, zwei Töchter — nach ihrem Tod nicht durch die Bestattungskosten für die Eltern finanziell belastet würden. Dennoch will das Ehepaar die niedrigen Rückzahlung nicht hinnehmen. "Schließlich haben wir nicht unterschrieben, dass die Versicherung unser Geld einfach behalten darf", meint der 74-Jährige. Rechtsanwalt Udo Janssen will den Fall weiterverfolgen. Der Jurist meint: "Das ist des Guten doch zu viel." Der Anwalt wird nun eine Beschwerde bei der Bafin in Bonn einreichen.

(RP)
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