Analyse Die Schulen müssen sich in Ruhe entwickeln dürfen

Kleve · Nach der Vorstellung des Garbe-Gutachtens über die Klever Schulsituation herrscht Ratlosigkeit bei Eltern und Lehrern

Spricht man von Schule in der Stadt, gibt es derzeit nur eine Antwort: Kopfschütteln. Kopfschütteln bei den Lehrern aller Schulformen, Kopfschütteln bei den Eltern, Kopfschütteln in der Politik. Kopfschütteln über das, was die Verwaltungsspitze jüngst als Ausguss eines Gutachtens verkünden ließ. Und das in einer Zeit, die für Eltern und Lehrer als die empfindlichste im Schuljahr gilt: Die Zeit, in der Eltern und Grundschullehrer beraten, an welche weiterführende Schule das Kind gehen soll.

Das Fazit, das man aus dieser Diskussion ziehen möchte, könnte frei nach Käsmann lauten: Nichts ist gut in Kleve. Der obskure Tausch der Gebäude, die Zersplitterung der Jahrgänge auf diverse Orte und sogar das Opfern einer langen Schultradition klingt wie blinder Aktionismus. Dabei braucht Schule endlich Ruhe. Ruhe, um sich entwickeln, um das Anmeldeverhalten der Eltern abschätzen zu können. Wer die Wellenbewegungen der Schüleranmeldungen an die Schulformen der vergangenen Jahre sieht, weiß, dass dies Zeit braucht.

Doch statt Ruhe zu bewahren, werden ohne Not Schulen beschädigt, vor allem die beiden Gymnasien, deren Auflösung/Zusammenführung zwischen den Zeilen des Gutachtens herausklang. Auch die Gesamtschul-Eltern und Lehrer wissen jetzt nicht mehr, wo ihre Schule eine Heimat haben wird. Dabei wäre es einfach gewesen, die Schulen sich entwickeln zu lassen: Das Stein ist seit über 200 Jahren das traditionelle Gymnasium in der Stadt mit stabilen Anmeldezahlen. Das KAG braucht nicht erst seit gestern für seine gute Arbeit eine bauliche Perspektive.

Die Gesamtschule hat fünf Jahre Zeit, sich zu entwickeln, ehe die ersten Schüler in die Oberstufe kommen. Apropos Oberstufe: Vergessen wurde wieder einmal das Berufskolleg, das mit Erfolg in Stille und in Ruhe arbeitend Jahr für Jahr Schülern alle Formen der Hochschulreife bietet. Für vier Züge Sekundarschule hat Kleve Möglichkeiten genug. Aus Lehrerkreisen heißt es, dass man auch im fernen Düsseldorf auf jene Ruhe gesetzt habe. Allein, die Stadtspitze scheint naheliegendere Lösungen ausklammern zu wollen, wie es aus der Politik heißt.

Kurios ist auch, dass bis gestern noch keiner der Ratsmitglieder, keiner der beteiligten Schulleiter, besagtes Gutachten vorliegen hatte und so der Möglichkeit beraubt wurde, eine fundierte Stellungnahme abgeben zu können. Aber vielleicht möchten Bürgermeister und Kämmerer die Chance nutzen, in die Geschichte einzugehen: Als diejenigen, die zwar ein Endlos-Verfahren brauchten, um ein marodes Rathaus zu sanieren, die dafür aber die bis ins 17. Jahrhundert zurückgehende Geschichte des alten Klever Gymnasiums mal eben beendet haben.

Möglich, dass die Politik die Stadtspitze am Mittwoch wieder einfängt. Darin hat der Klever Rat ja inzwischen Erfahrung.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort