Kranenburg Lebenshilfe-Streik: Kein Ende in Sicht

Kranenburg · Dagmar und René Beumeler aus Kranenburg sind Eltern einer schwerbehinderten Tochter. Durch den Streik der Lebenshilfe-Erzieherinnen wird die Familie stark belastet. Die Notbetreuung ist für das Mädchen keine Alternative.

 Dagmar Beumeler mit ihrer schwerbehinderten Tochter Katharina. Die Sechsjährige ist rund um die Uhr auf Betreuung angewiesen.

Dagmar Beumeler mit ihrer schwerbehinderten Tochter Katharina. Die Sechsjährige ist rund um die Uhr auf Betreuung angewiesen.

Foto: Gottfried Evers

Auf eine schnelle Einigung zwischen der Lebenshilfe und der Gewerkschaft ver.di können die Eltern der rund 200 Kinder, die eine der vier Kindertagesstätten der Lebenshilfe in Kranenburg, Bedburg-Hau und Uedem besuchen, nicht hoffen. Im Gegenteil: Die Fronten scheinen sich weiter zu verhärten. Gestern teilte die Lebenshilfe gGmbH mit, dass sie nun darüber berate, ob erhebliche Investitionen für den Aus- bzw. Neubau der Kindertagesstätte "Lebensburg" in Kranenburg getätigt werden sollen.

"Voraussetzung für eine positive Entscheidung ist die Sicherheit darüber, dass auch in Zukunft nicht nur ausreichende Anmeldezahlen erzielt werden, sondern auch über die Ertrags- und Aufwandseite (Gehälter) Klarheit besteht." Die Alternative zu der Investition sei nicht weniger als die Schließung der Einrichtung zum Ende des Kindergartenjahres.

Die Eltern warten derweil weiter auf eine Annäherung beider Parteien: Für das Ehepaar Dagmar und René Beumeler bedeutet der Streik der KiTa-Erzieherinnen, der am 8. Januar begonnen hatte und den die Gewerkschaft erst beenden will, wenn die Löhne der Mitarbeiterinnen an den Tarifvertrag öffentlicher Dienste angeglichen werden, eine erhebliche Zusatzbelastung. Ihre Tochter Katharina (6) ist schwerbehindert, leidet an einer globalen Entwicklungsstörung und Epilepsie, kann weder laufen noch sprechen, ist rund um die Uhr auf Betreuung angewiesen. Die Sechsjährige besucht eine Heilpädagogische Gruppe der Integrativen Kindertagesstätte "Lebensbaum" in Bedburg-Hau, neben ihr werden dort acht weitere Kinder mit besonderem Förderbedarf betreut.

Die aufgrund des Streiks eingerichtete Notbetreuung, die 22 der 200 betroffenen Kinder an wechselnden Orten in Anspruch nehmen können, ist für Katharina keine Alternative. "Aufgrund der geistigen und körperlichen Behinderung unserer Tochter kann diese nicht einfach in einer Notgruppe betreut werden, die jeden Tag an einem anderen Ort mit wechselnden Erziehern stattfindet. Für sie ist ein geregelter Tagesablauf wichtig und die bekannte Bezugsperson unverzichtbar. Lediglich die Erzieherinnen ihrer Gruppe haben das Hintergrundwissen, ihre Bedürfnisse zu erkennen, ihre Pflege zu übernehmen, sie entsprechend ihrer Fähigkeiten zu fördern und ihr die benötigten Medikamente zu verabreichen", sagt Dagmar Beumeler.

Die für ihr Kind so wichtigen Therapien — Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie — kann die Notbetreuung ebenfalls nicht leisten. Um einen Rückschritt in Katharinas Entwicklung zu vermeiden und zumindest einen Teil der Therapien zu ersetzen, fahren die Eltern mit ihrer Tochter nun mehrmals wöchentlich zu Praxen in Kleve.

René Beumeler ist voll berufstätig, Dagmar Beumeler arbeitet in Teilzeit, kann glücklicherweise von zuhause aus arbeiten. Trotzdem: "Ohne die Hilfe meiner Mutter und meiner Schwiegermutter würden wir das nicht schaffen. Wir können unser Kind nicht einfach mal beim Nachbarn parken oder zu einem anderen Kind zum Spielen schicken", sagt die Mutter.

Das Anliegen der streikenden Erzieherinnen versteht die 37-Jährige: "Die Forderung der Erzieherinnen, nach dem Tarifvertrag bezahlt zu werden, ist nachvollziehbar, allerdings sollte diese Angelegenheit nicht länger auf dem Rücken der Eltern und vor allem der Kinder ausgetragen werden. Es wird höchste Zeit, dass sich die Verantwortlichen an einen Tisch setzen und nicht aufstehen, bevor sie eine Lösung gefunden haben." Sie weist auf das Wohl der Familien hin: "Alle Eltern, egal ob die Kinder eine Regelgruppe oder eine integrative Gruppe besuchen, stoßen an ihre Grenzen. Alle Kinder wollen wieder in den Kindergarten, auch unsere Tochter liebt die tägliche Gemeinschaft mit anderen Kindern und profitiert von dem Umgang mit Gleichaltrigen."

(RP)
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