Gemeinde Grefrath Dachziegel als Schutz gegen das Böse

Gemeinde Grefrath · Rund 150 Dachziegel aus drei Jahrhunderten sind jetzt in der Flachsdarre auf dem Gelände des Niederrheinischen Freilichtmuseums in Grefrath zu sehen. Ausgestellt werden besonders wertvolle Stücke aus der Sammlung von Lothar Schmitt.

Dessen Witwe überließ die Sammlung dem Freilichtmuseum. Zur Eröffnung der Dauerausstellung hielt der scheidende Museumsleiter Dr. Heinz-Peter Mielke einen Vortrag über die Entwicklung der niederrheinischen Dachlandschaft und die Schutzfunktion der verzierten "Feierabendziegel". Das sind jene Ziegel, die zu Ende eines Produktionstages gebrannt wurden. Die Ziegelbrenner verzierten die Stücke mit religiösen oder anderen schutzgebenden Motiven.

"Die Keramik war eine rein Brand verhütende Maßnahme", sagt Mielke. Doch die Geschichte dieser Ziegel beginnt zu der Zeit, als nicht Ton die Dächer deckte, sondern Reet: "Unterm Dach war kein Fenster. Also verteilte sich der Qualm, der über dem Kamin aufstieg, unter dem Dach", erzählt Mielke. Entsprechend groß war die Feuergefahr — und damit die Gefahr vor Tod und Teufel. "Die Menschen glaubten fest an das leibhaftige Böse", sagt Mielke. Und das konnte durch jedes Fenster, durch jede Tür kommen. Dagegen halfen beispielsweise am Palmsonntag geweihte Buchsbaumzweige, die ins Feuer geworfen wurden — Teufelsabwehr durch Symbolik. Ebenso wie die Kapelle vor dem eigenen Hof und das Kreuz über der Haustür sollten auch die Dachziegel einen Schutz gegen das Böse bieten.

Davon "erzählen" die in der Flachsdarre ausgestellten Stücke. Sie tragen Kreuzsymbole, zeigen den Abdruck von Kinderfüßen oder Hexenbesen: "Damit sollten Hexen vertrieben werden. Diese waren dem Glauben nach Schuld an Krankheit, Verderben und Tod", sagt Heinz-Peter Mielke. Einige der Ziegel haben eine auffallend rötliche Färbung — die Farbe des Teufels. Das Böse wurde mit seinem eigenen Ebenbild bekämpft. Als Teil der Ausstellung "Wandeln über Dächern" waren die Dachziegel bereits 1989 im Freilichtmuseum zu sehen. Jetzt werden sie dort für immer sein.

(RP)
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