Analyse Dauer-Streit um Personalkosten

Haan · Der Haaner Stadtrat wird heute nicht nur über Einsparungen, sondern auch über einen Nachschuss für die Mitarbeiter der Stadtverwaltung beraten müssen.

Er ist nicht der größte Posten auf der Ausgabenliste der Stadt Haan. Doch die Diskussion um den Stellenplan wird bei den Haushaltsberatungen heute Abend im Rat breiten Raum einnehmen. In mehreren Anträgen fordern CDU-, SPD- und FDP-Fraktion sowie die parteilose Stadtverordnete Meike Lukat Kürzungen oder den Verzicht auf Neueinstellungen und/oder Beförderungen. Das weist klar darauf hin, dass die Politik beim städtischen Personal nach einer massiven Kostensteigerung in der jüngsten Vergangenheit Einsparpotenzial sieht.

Während die SPD im Personaletat eine Kürzung von pauschal zwei Prozent fordert – Fraktionschef Bernd Stracke: "Dann ist es an der Verwaltung, zu sehen, wie sie dieses Ziel erreichen kann" – machen CDU und Meike Lukat konkrete Vorschläge zu bestimmten Stellen. CDU und FDP behaupten in einem ergänzenden gemeinsamen Antrag gar, dass sich die Personalaufwendungen in den vergangenen zwei Jahren um rund 20 Prozent erhöht hätten – "und das bei minimalen Tariferhöhungen".

Stimmt nicht, hält Willi Terhardt, Leiter des Haupt- und Personalamtes der Stadt Haan, dagegen, denn diese Rate entspringe einer Berechnung mit vorläufigen Zahlen. Würden alle relevanten Daten wie zum Beispiel Rückstellungen einbezogen, seien es nur noch zehn Prozent. Und den Löwenanteil dieser Steigerung machen sehr wohl die Tariferhöhungen aus, sagt Terhardt.

Die laufenden Tarifverhandlungen sind es auch, die die aktuelle Personalkostenplanung für den städtischen Haushalt des laufenden Jahres so unsicher machen. Für die Angestellten des öffentlichen Dienstes fordert die Gewerkschaft Verdi zurzeit einen Sockelbetrag von 100 Euro für alle und eine Lohn- und Gehaltssteigerung von 3,5 Prozent. Noch gibt es keine Annäherung. Am 31. März gehen die Tarifpartner in die nächste Verhandlungsrunde. Das Ergebnis ist also noch offen. In der Regel schätzen Stadtkämmerer daher ein mögliches Tarifergebnis und planen es in den Haushalt ein.

Im Etat der Stadt Haan sind für aktuelle Tariferhöhungen der Angestellten gerade einmal 1,7 Prozent eingeplant. Zu wenig, wie Terhardt und seine Kollegen in der Stadtkämmerei befürchten. Und so wird die Politik heute nicht nur über Einsparmaßnahmen, sondern auch über einen Nachschuss beraten müssen: 125 000 Euro zusätzlich sollen in den Haushalt eingeplant werden, um eine zu erwartende Tarifanhebung von drei Prozent abfedern zu können, erläutert der Haushaltsexperte. Ein dicker Brocken. Zum Vergleich: Ein Sparantrag der CDU fürs städtische Personal umfasst 200 000 Euro, gerade mal ein Drittel mehr.

In dieser Diskussion vernachlässigt sehen die städtischen Mitarbeiter indes ihre Aufgaben, die von Mal zu Mal wachsen. "Wer Stellen kürzt, der muss auch sagen, wer diese Aufgaben erledigen soll. Das kann man nicht alles auf dem Rücken der Beschäftigten austragen", sagt der Personalamtschef. Terhardt nennt in diesem Zusammenhang zum Beispiel die Grundsicherung, die an Bedürftige über 65 Jahre ausgezahlt wird. Die Zahlen hätten sich in diesem Bereich in den vergangenen zwölf Jahren von 160 auf 400 Fälle mehr als verdoppelt. Entsprechend müsse auch die Zahl der Sachbearbeiter wachsen. Auch die Zahl der Asylbewerber sei gestiegen. Und beim Kinderschutz haben sich die Herausforderungen ebenso vergrößert. So machen die Kosten für Soziales im Etat der Stadt den größten Posten aus, doch auch anderswo erhöhen sich die Belastungen: Für die Feuerwehr zum Beispiel müssen nach dem neuen Erlass zur Senkung der Wochenarbeitszeit bis zu vier weitere Stellen eingeplant werden. "Das an anderer Stelle einzusparen ist nicht so einfach", sagt Terhardt.

Die Politik aber will ein Signal sehen. In den zurückliegenden Jahren habe eine Umorganisation des städtischen Personals "allenfalls nur kurzfristige Erfolge gebracht", die aber den Trend nicht hätten stoppen können, sagen CDU-Fraktionsvorsitzender Jens Lemke und FDP-Fraktionschef Michael Ruppert. Meike Lukat spricht von "unglaublichen" Personalmehrkosten in Höhe von 2,75 Millionen Euro, angewachsen in zwei Jahren, deren Ursache die Stadtverwaltung nicht nachvollziehbar erläutern könne.

330 Mitarbeiter hat die Stadtverwaltung aktuell. Für sie stellt der Rat mit seinen Entscheidungen heute Abend Weichen, die über Jahre hinaus Auswirkungen haben werden.

(RP)
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