Geldern Die Drei-Sterne-Küche im Ponter Knast

Geldern · Zum Osterfest gehört gutes Essen einfach dazu. Am besten mit der Familie. Doch wer auf den Anhang verzichten muss, weil er im Kittchen sitzt, sollte wenigstens was Leckeres aufgetischt bekommen. Wie die 680 Häftlinge in Pont.

So schmeckt das Essen im Gefängnis
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So schmeckt das Essen im Gefängnis

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Achtung, Lebensgefahr! Dieses Schild sollte eigentlich an der Tür von Zelle B 046 prangen. Denn der Geruch von kaltem Zigarettenrauch ist dermaßen stark, dass selbst das gekippte Fenster vor dem gemauerten Gitter mit seiner Frischluft-Zufuhr chancenlos ist. Für Karl Schwers, Leiter der Ponter JVA, und seinen Küchenchef Klaus Dercks Alltagsdüfte. "Die Jungs rauchen doch fast alle. Sie haben sonst ja auch nicht so viel", erklärt der Anstaltsleiter. RP-Nasen werden hier allerdings auf eine harte Probe gestellt. Mein lieber Scholli!

Egal. Es gibt Reis. Milchreis. Warm und mit Zimt. Von 24 ausgewählten Küchenhelfern, die für die 680 Gefangenen täglich kochen, frisch zubereitet und zur Zelle gebracht. Denn einen Essenssaal plus Gefangenenaufstand wie im Film, das gibt es schon lange nicht mehr.

Zugegeben: Warmer Milchreis ist nun wirklich nicht mein Ding. Das habe ich meiner Mutter als Kind schon versucht zu verbieten. Dazu gibt es heute Apfelpfannkuchen mit Quarkfüllung aus der Tiefkühltruhe. "So viele Pfannkuchen selbst herzustellen sprengt unsere Möglichkeiten. Wir sind nun mal nur ein Drei-Sterne-Haus", sagt Klaus Dercks schmunzelnd. Der Küchenchef aus Walbeck erklärt bei einem Löffel Milchreis, dass ansonsten sehr viel frisch gekocht wird. Im Winter mit gesundem Gemüse aus der Region. Wie Kohl derzeit. Und im Sommer frische Rohkostsalate. Alles ohne Verwendung von Geschmacksverstärkern. Eine ganze Batterie von getrockneten Gewürzen verleiht den entsprechenden Geschmack.

"Der Anstaltsarzt wacht darüber, dass die Kost abwechslungsreich und gesund ist. Der Wochenplan wird eingereicht und abgezeichnet", erklärt Karl Schwers, während er am ersten von gleich drei Pfannkuchen herumschnibbelt. 2500 Kalorien sollen die Gefangenen pro Tag maximal zu sich nehmen. 550 Gramm Fleisch sind in der Woche vorgesehen. Pro Mann. Dazu 150 Gramm Fisch plus 700 Gramm Obst pro Woche. Und einmal ist auch fleischloses Mittagessen angesagt. Wie heute. 2,07 Euro darf das laut "Verpflegungsverordnung für Justizvollzugsanstalten NRW" kosten. Für drei Mahlzeiten am Tag. Außerhalb der hohen Mauern gibt es dafür gerade mal eine Currywurst.

"Das Essen hier schmeckt schon ganz gut — besser als in anderen Anstalten", sagt Martin G., während er die auf circa 70 Grad erhitzten Pfannkuchen aus dem XXL-Backofen holt. Der Gefangene sitzt drei Jahre ab. Wegen Raubes. Hier in Geldern hat er eine Qualifikation zum Küchenhelfer absolviert. "Die kann ich gut gebrauchen, wenn ich im Mai rauskomme", sagt Martin. Dann will er in der Pizzeria seiner Eltern anfangen. Dercks und Schwers hören es mit Vergnügen.

Mittlerweile nehme ich den Zigarettenrauch in Zelle B 046 kaum noch wahr. Der Milchreis schmeckt gut, das hätte ich nicht gedacht. Süß und mächtig, passend zur eigenen Figur. Nur der Tiefkühl-Pfannkuchen — sorry, der ist nicht wirklich lecker. Die Mittelstücke mit der Füllung sind okay. Doch der große Rest drumherum schmeckt nach wenig bis gar nichts. Passend dazu schießen mir wieder die 2,07 Euro ins Hirn. Pro Tag. Für drei Mahlzeiten.

Nach dem Mahl geht es am Vorratslager vorbei. Hier werden auch die Rückstellproben von jeder Mahlzeit 96 Stunden lang gekühlt, ehe sie vernichtet werden. Falls es mal zu Problemen nach einer Mahlzeit kommt. Ich jedenfalls habe alles prima "überlebt". Sogar den kalten Kippenqualm als Ex-Raucher.

Von wegen Lebensgefahr!

(RP/ila)
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