Gastspiel Lokschuppen wird Schauspiel-Bühne

Erkrath · Das Düsseldorfer Schauspielhaus schickt derzeit eine Inszenierung von Lessings „Nathan der Weise“ durch die Lande. Am 12. März ist Aufführung in Hochdahl.

Schauspiel-Gastgeber werden kann, wer Platz für mindestens 100 Besucher hat. Kein Problem für Lokschuppen-Besitzer und Theaterfreund Gottfried Bander, der aus der Zeitung von dem neuen Format mit dem Titel „Nathan to go“ erfahren und sofort Interesse angemeldet hatte. Recht bald bekam er Besuch aus Düsseldorf – und die Techniker-Vorhut aus dem Schauspielhaus war sofort begeistert vom Lokschuppen als Gastspiel-Standort, erzählt Bander.

„Meine Frau und ich sind oft im Schauspielhaus, auch in der Übergangsspielstätte am Hauptbahnhof. Die gefällt uns sehr, weil die Schauspieler dem Publikum dort viel näher sind. Genau das wird nun auch im Lokschuppen zu erleben sein“, freut sich der alteingesessene Trillser. Sein Vater, der Lehrer an der einstigen Volksschule war, habe großen Wert auf kulturelle Bildung gelegt und für die damalige Theatergemeinde Karten und Bustransfer zu Aufführungen organisiert. Diese Theaterbegeisterung hat Gottfried Bander (Jahrgang 1941), der sein Geld als Unternehmer verdiente, geerbt. Vor 30 Jahren habe er Lessings „Nathan der Weise“, das ungebrochen aktuelle Plädoyer für Mitmenschlichkeit und Toleranz unter den großen Religionen, zuletzt gesehen, sagt er. Jetzt sei er gespannt auf die ungewöhnliche, auf Reisetauglichkeit ausgelegte Form der Inszenierung – und darauf, wie groß der Zuspruch der Erkrather sein wird. Allerdings: Kaum war die Nachricht in der Welt, klopfte es schon an die Lokschuppentür und Ralf Fellenberg vom Hochdahler Verein Eisenbahn- und Heimatmuseum, der dort für den saisonalen Museumsbetrieb sorgt, konnte erste Kartenreservierungen aufnehmen.

„Für den Verein ist das natürlich ein kulturelles Highlight. Wir werden die Chance von so viel Aufmerksamkeit nutzen, um zu zeigen, was wir hier zu bieten haben“, sagt Fellenberg. Der Schuppen, der schon viele größere Veranstaltungen wie Jazzsommer, private Feste und Gesellschaften beherbergt hat, werde noch einmal auf Hochglanz gebracht. Draußen setzen dann Lichter die historischen Bahnen in Szene und im Zugcafé wird ausgeschenkt. Jedes Ticket wird zudem beim Eintritt ins Lokschuppen-Theater mit einem historischen Entwerter markiert. Und dann, um 19.30 Uhr, werden sich alle Augen auf die vor den Westfenstern des Schuppens aufgebaute Bühne richten.

Wie 2017 mit seinem „Faust (to go)“ reist das Düsseldorfer Ensemble wieder mit mobilem Bühnenbild, das problemlos von Stadt zu Stadt gebracht werden kann. Jeweils drei quadratische Räume liegen dabei in zwei Reihen hintereinander, jeder Abschnitt kann durch einen durchsichtigen oder undurchsichtigen Vorhang abgetrennt werden. Laufend verändert sich die Geometrie des Bühnenbilds, die Vorhänge dienen auch als Projektionsfläche für Videos. Mit diesem Stilmittel gelinge es Regisseur Robert Lehniger, die Spielzeit auf knapp zwei Stunden zu straffen, ohne dass die Handlung an Wucht verliere, loben die Theaterkritiker. Mehr noch: Das zweistündige Spiel komme ohne Pause, vor allem aber ohne Längen aus. Der größte Verdienst des Ensembles: Trotz moderner Elemente stehe Lessings aufklärerische Botschaft unverwüstlich über allem.

Die Frage danach, welche Religion die richtige ist – Christentum, Judentum oder Islam – ist der Kern des Stücks. Nathan, den Lehnigers Inszenierung in einen Anzug steckt, wird auch in Erkrath ganz sicher mit der berühmten Ringparabel antworten.

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