Schule in Düsseldorf Schüler erkunden Gedenkstätte virtuell

Düsseldorf · Ein Pilotprojekt ermöglicht Klassen die Besichtigung der Ausstellung an der Mühlenstraße per digitalem Rundgang. Bei einem anschließenden Workshop setzten sich die Schüler mit bestimmten Biografien auseinander.

 Schüler des St. Ursula-Gymnasiums mit Lehrerin Birgit Brinkmann vor der Mahn- und Gedenkstätte

Schüler des St. Ursula-Gymnasiums mit Lehrerin Birgit Brinkmann vor der Mahn- und Gedenkstätte

Foto: Anne Orthen (orth)/Anne Orthen (ort)

Das Leben von Nora Schüler war geprägt von der Flucht und Vertreibung aus der Heimat, die sie in ihrer Jugend durchlebt hatte. 1934 musste die gebürtige Düsseldorferin ihrer jüdischen Wurzeln wegen vor den Nationalsozialisten fliehen, ehe sie über Bagdad und den Libanon schließlich in Palästina eine neue Heimat finden konnte.

Es ist eine Geschichte, welche die Klasse 6c des St.-Ursula-Gymnasiums berührt. Das wird bei der Besprechung des digitalen Schaubilds deutlich, das die Schüler über das Leben der Verfolgten erstellt haben. Zu sehen sind auf der sogenannten „Biografie-Insel” Koffer und ein Reisepass, die für Schülers lange Reise stehen. Auch das Gruppenbild mit Stethoskop zum Abschluss ihrer Krankenschwester-Ausbildung in Beirut ist ein Ereignis, welches den Kindern aus dem Leben Schülers in Erinnerung geblieben ist.

Das Material dazu steuerte Anna Schlieck von der Mahn- und Gedenkstätte bei, die Nora Schüler einen Teil der Ausstellung widmet. Gemeinsam ziehen sie anschließend Parallelen und Unterschiede zu Judith Kerr’s Buch „Als Hitler das Rosa Kaninchen stahl”, welches gerade im Deutsch-Unterricht bei Lehrerin Birgit Brinkmann gelesen wird. „Noras Familie wurde aber nicht so berühmt wie die von Judith Kerr, deren Vater ja ein bekennender, öffentlicher Gegner der Nazis war”, erklärt Anton.

Der berühmte Kinderroman ist auch die Grundlage, warum die Kinder sich überhaupt mit der Geschichte von Nora Schüler beschäftigen sollen. Denn für gewöhnlich sind geschichtliche Inhalte aus der Zeit des Nationalsozialismus noch eher kein Teil der Lehrpläne für Unterstufen. Doch seit einigen Wochen bietet die Mahn- und Gedenkstätte unter Obhut von Schulverwaltungsamt und Kulturdezernat ein Pilotprojekt an, welches die Bildungsvermittlung der Gedenkstätte auch im Lockdown ermöglicht. Grundlage dafür war die Digitalisierung der Ausstellung, die von einer Medienagentur im Auftrag der Stadt bereits im ersten Lockdown 2020 zu einem virtuellen Rundgang umgesetzt wurde.

Während Schulen damit Ausflüge zu einer Bildungsstätte zumindest digital realisieren können, kann auch Bildungsreferentin Anna Schlieck ihre Arbeit auf gewohnter Basis fortführen – unter anderem mit der Vermittlung von Flucht- und Verfolgungsgeschichten von Düsseldorfer Kindern und Jugendlichen während der NS-Zeit.

Mehrere Klassen haben sich für die kommenden Wochen bereits angemeldet, dabei passt sich die Thematik der Workshops an die jeweilige Stufe an. Für die Schüler selbst bedeuteten die Workshops eine spannende Veränderung im Alltag des Wechsel- und Distanzunterrichts. „Es war schön, dass wir als Gruppe endlich wieder zusammenarbeiten konnten”, betont Isabell den Charakter der virtuellen Gruppenarbeit. Ihre Klassenkameraden hingegen hoben vor allem den Ausflug als Erlebnis hervor, und sei es auch nur in digitaler Form. „Spannend, wie man dort durch die Räume laufen konnte, um die ganzen Ausstellungsstücke zu sehen“, sagt Moritz. Für viele Schüler stand zum Abschluss fest, dass sie die Ausstellung später gerne noch einmal besuchen möchten. So nutzten manche sogar den Heimweg vom nahe gelegenen St.-Ursula-Gymnasium, um die Gedenkstätte zumindest einmal von außen in der Realität gesehen zu haben.

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