Opernscouts in Düsseldorf Neue Kritiker für Oper und Ballett

Unsere Opernscouts nehmen zum Start der Spielzeit ihre Arbeit auf. In der Rheinischen Post werden sie nach Premieren ihr Urteil zum Gesehenen abgeben. Unter den Laienkritikern sind erfahrene und frische Kräfte.

 Unsere Opernscouts – hintere Reihe, von links nach rechts: Michael Langenberger, Markus Wendel, Stefan Pütz, Benedikt Stahl und Stefanie Hübner. Mittlere Reihe (v.l.): Sandra Christmann, Helma Kremer und Karolina Wais. Vorne (v.l.): Charlotte Kaup und Sassa von Roehl.

Unsere Opernscouts – hintere Reihe, von links nach rechts: Michael Langenberger, Markus Wendel, Stefan Pütz, Benedikt Stahl und Stefanie Hübner. Mittlere Reihe (v.l.): Sandra Christmann, Helma Kremer und Karolina Wais. Vorne (v.l.): Charlotte Kaup und Sassa von Roehl.

Foto: Andreas Endermann

Die erste Begegnung von etablierten und neuen Opernscouts ist für Tanja Brill immer eine besondere Freude. „Ich sehe die vertrauten Gesichter von Menschen, die so engagiert mitgemacht haben, und darf gleichzeitig die Einsteiger begrüßen“, sagte die Sprecherin der Deutschen Oper am Rhein beim diesjährigen Treffen. Die Opernscouts gibt es seit zehn Jahren. Das Gemeinschaftsprojekt mit der Rheinischen Post rief Intendant Christoph Meyer bei seinem Antritt ins Leben. Sein Ziel war es, unterschiedliche Meinungen von Besuchern einzufangen, das Haus weiter zu öffnen und Schwellenängste abzubauen.

Ein Dutzend Scouts ist jeweils für zwei Jahre im Einsatz, am Ende jeder Spielzeit scheidet die Hälfte aus. Die „Botschafter des Musiktheaters“ nehmen an den Premieren teil und geben danach ihre Eindrücke wieder. Kurz und knackig in der RP, ausführlicher im Blog der Opernscouts. „Niemand muss sich verstellen, jeder soll sich frei äußern, auch wenn es ihm nicht gefallen hat“, sagte Tanja Brill. „Das Projekt lebt davon, dass unsere Scouts ein breites Spektrum aufweisen – an Lebensalter, Beruf, Interessen und Zugang. Einige sind regelmäßige Operngänger, andere nicht.“

Die bisherigen Scouts berichteten von ihren Erfahrungen. „Ich liebe es, mit meiner Frau in die Oper zu gehen“, sagte Architekt Benedikt Stahl. „Danach gibt es oft schweißtreibende Diskussionen. Ich sah auch Befremdliches, trotzdem war immer etwas Schönes dabei, Musik, Licht oder Bühne. Manchmal stimmt alles, das sind dann große Kunstwerke.“ Beim Schreiben genieße er den Abend noch einmal. Genau wie Michael Langenberger: „Es kostet Zeit, aber sie ist es wert.“ Der Wirtschaftsmediator spielt Klavier und tanzt Modern Contemporary, „das führt beim Ballett zu einem anderen Blick auf Bewegungen“. Buchhändler Stefan Pütz ist selbst erstaunt über seine Opernscout-Erfahrung: „Ich hätte nie gedacht, dass mich das alles so interessiert.“ Toll sei auch, bei Premieren-Feiern das Ensemble aus nächster Nähe zu sehen.

Während einige Scouts sich bei Opern-Werkstatt oder Einführung auf die Inszenierung einstimmen, bereitet sich Kunst-Expertin Sandra Christmann (Art Düsseldorf) am liebsten gar nicht vor und setzt Prioritäten: „Als visueller Mensch achte ich vor allem auf Bühne und Kostüme.“ An manchen Opern übte sie Kritik, was ihr geliebtes Ballett wieder ausglich. Markus Wendel stimmte ihr zu: „Das Ballett hat mich noch mehr geflasht als die Oper und meinen Horizont erweitert.“ Seit seiner ersten „Götterdämmerung“ 2003 ist der Sachbearbeiter im Ministerium des Inneren ein Fan von Wagner und besucht Aufführungen in ganz Europa.

Derart eingestimmt, stellten sich die neuen Opernscouts vor. Sie sei aufgeregt, aber hocherfreut über ihre Aufgabe, sagte Karolina Wais. Die Steuerfachangestellte und dreifache Mutter war lange eine „Schauspielhausgängerin“ und schwenkte erst nach dem Besuch von „Peter Grimes“ zur Oper um. „Ich lasse mich überraschen und nehme alles mit“, hat sie sich vorgenommen. So will es auch Charlotte Kaup halten. „Mit Opern kenne ich mich weniger aus“, so die junge Ärztin, die ihre erste Stelle in der Radiologie angetreten hat. „Ich bin offen und finde es spannend, mich mit erfahrenen Opernliebhabern auszutauschen.“ Beim Ballett hat sie dagegen fast Profi-Status. Kaup absolvierte Trainings im In- und Ausland, arbeitete mit mehreren Kompagnien und unterrichtete Ballett beim Hochschulsport.

Auch Stefanie Hübner fand spät den Zugang zur Oper – durch ihre Tochter, die in Hannover Klarinette studiert. Musik aber gehörte schon immer zum Leben der Physio- und Ergotherapeutin. Ihre Arbeit mit psychisch kranken Patienten erfordere Erdung und Entspannung, die sie beim Klavierspiel finde. Sassa von Roehl ist Dozentin am Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaften an der Heinrich-Heine-Universität, PR-Referentin für Non-Profit-Organisationen und Fan von Ballett-Chef Martin Schläpfer. Darum freut sie sich auf seine noch anstehenden Aufführungen, bevor er die Oper gen Wien verlässt. Als Teenager durfte sie mit ihrem Vater zu den Bayreuther Festspielen, in Düsseldorf sah sie bisher nur eine Handvoll Opern.

Die studierte Geisteswissenschaftlerin Helma Kremer leitet die Abteilung Market Development bei der Düsseldorf Tourismus GmbH. Ihre Großeltern nahmen sie früh in die Oper mit. Später gab es eher berufliche Berührungspunkte mit der Klassik. Beim Blick in den Spielplan bemerkte sie: „Vieles habe ich noch nie gesehen.“ Daran knüpfte die neue Chefdramaturgin Anne Melcher an und steigerte mit einem Streifzug durch die Saison-Premieren die Vorfreude der Opernscouts.

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