Performance im Tanzhaus Elvis mit Krücken

Elvis Presley hat wohl wie kein anderer Popmusiker seine Fans dazu inspiriert, es ihm gleich zu tun. So treten auf der ganzen Welt Elvis-Imitatoren auf, die Elvis bis ins kleinste Detail nachahmen. Mit diesem Phänomen beschäftigt sich „Thank you very much“ von Claire Cunningham.

 Tänzer als Elvis-Imitatoren im Tanzhaus NRW.

Tänzer als Elvis-Imitatoren im Tanzhaus NRW.

Foto: Hugo Glendinning

Mit viel Witz und Energie bringen die schottische Choreografin und ihr Ensemble aus Performern mit Behinderung das Stück auf die Bühne des Tanzhauses. Gekonnt nutzt Cunningham das Phänomen der Imitatoren als Blaupause für Fragen um Identität, Akzeptanz und die Herausforderung, man selbst zu sein.

Cunningham hat seit ihrer Kindheit Osteoporose. Im Laufe des Stücks wird sie immer wieder wunderbar leicht und gestützt auf zwei Krücken tanzen. Besonders für nicht-behinderte Menschen ist dies ein aufschlussreicher Abend. Jeder Performer hat sich zur Vorbereitung mit einem Elvis-Imitator getroffen. Aus dem Off erzählen diese, was Elvis ausmacht. Dazu kommen die Performer auch auf ihre eigenen Behinderungen zu sprechen.

So erzählt die grandios aufspielende Tanja Erhart eine Episode aus ihrem Leben: Als 15-Jährige bekommt die Österreicherin eine Prothese für ihr amputiertes Bein. Um mit „Lucy“, wie sie das neue Bein nennt, richtig laufen zu können, muss sie eine dem Presleyschen Hüftschwung ähnlich Bewegung machen. Während Erhart diese Bewegung vormacht, steht das Publikum auf und macht mit – Rotation der Hüfte, Bein schwingen und nach vorne. So wird das Becken ein Ort der menschlichen Mechanik, und nicht, wie zu Preselys Zeiten, eine Bewegung, die konservative Menschen in Schrecken versetzte.

„Lucy“ hat Erhart übrigens sehr schnell wieder abgelegt, weil dem pubertierenden Mädchen dieser Hüftschwung zu sexualisiert vorkam. Diese Einblicke machen „Thank you very much“ zu einem sehenswerten Stück, in dem gesellschaftliche Auffassungen von Normalität hinterfragt werden.

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