Serie 11 Freunde Die Theken-Mannschaft

Düsseldorf · Kurze Verschnaufpause bis zur EM in Frankreich: Wir überbrücken die Zeit mit elf Fußball-Geschichten aus Düsseldorf. Heute: Besuch bei der Kneipe Vossen in Friedrichstadt.

Ein Team: Alexander Kraa, Heidi Thiemann und Goga Ajanovic (v.l.) vor dem Vossen, wo ab 10. Juni wieder viel Fußball geschaut wird.

Ein Team: Alexander Kraa, Heidi Thiemann und Goga Ajanovic (v.l.) vor dem Vossen, wo ab 10. Juni wieder viel Fußball geschaut wird.

Foto: Anne Orthen

Im Grunde bereiten sich Alexander Kraa und sein Team nicht viel anders auf die Europameisterschaft in Frankreich vor als gewöhnliche Fans. Jedoch gibt einen entscheidenden Unterschied: Alles ist eine Nummer größer als bei dem Durchschnitts-Fußball-Begeisterten. Das fängt schon bei der Technik an. Der Wirt des Vossen in Friedrichstadt hatte zur Weltmeisterschaft 2014 seine Ausrüstung auf den neuesten Stand gebracht: Zwei HD-Beamer inklusive Leinwand sowie vier 50 Zoll große Fernseher für innen und zwei gleichgroße Modelle für die Terrasse hat der 35-Jährige im Sommer des Titelgewinns angeschafft. "So hat man von jeder Stelle in der Kneipe das Spiel im Blick", sagt Kraa.

Die Gefahr, dass er eine der 51 Begegnungen zwischen dem 10. Juni und 10. Juli verpasst, ist relativ gering. Denn seine Kneipe zeigt alle Spiele. Schließlich hat das Sportereignis einen nicht unerheblichen Einfluss auf das Geschäft. Die Jahre, in denen kein großes Fußball-Turnier stattfindet, merke man in der Bilanz, so Kraa. Während manche Profi-Fußballer darüber klagen, dass in diesem Jahr mehr Mannschaften als bisher an dem Turnier teilnehmen, begrüßt Kraa die Ausweitung des Spielplans. Denn somit gibt es auch mehr Gründe, sein Lokal zu besuchen.

Dass er die Spiele der Nationalelf zwangsläufig an seinem Arbeitsplatz verfolgt und nicht etwa im kleineren, privaten Kreis, stört Kraa nicht. Als Mario Götze am Abend des 13. Juli 2014 den Ball vorbei an Sergio Romero ins argentiensche Tor schoss und Deutschland Minuten später Weltmeister wurde, jubelte der 35-Jährige über diesen Erfolg natürlich auch im Vossen. "Es war richtig voll. Bis 2 Uhr wurde hier gefeiert", sagt er. Was für den Chef gilt, gilt auch für seine zehn Mitarbeiter. Sich zum Beispiel an dem Tag eines Deutschland-Spiels freizunehmen, ist nicht drin. "Denen macht das Spaß. Man bekommt auch beim Arbeiten noch genug vom Spiel mit", sagt der Wirt.

Das Vossen gehört zu einer Gattung Kneipe, die in den Stadtteilen seltener geworden ist. Seit mehr als 50 Jahre gibt es das Lokal, 2007 hat Kraa es übernommen. Seit vielen Jahren wird in der Kneipe an der Helmholtzstraße auch Fußball gezeigt. Seitdem der Bezahlsender Sky die Preise für Fußballübertragungen angehoben hat, haben in der Nachbarschaft mehrere Wirte darauf verzichtet, die Bundesliga und die europäischen Wettbewerbe auszustrahlen. Das Vossen ist dabeigeblieben und hat jetzt im Viertel ein Alleinstellungsmerkmal. Allerdings hat das auch seinen Preis. Einen hohen dreistelligen Betrag überweist Kraa monatlich an den Medienkonzern.

Während der Europameisterschaft profitiert das Vossen von diesem Vorteil nicht, da die Spiele des Turniers zum Großteil von öffentlich-rechtlichen Sendern übertragen werden und somit die Exklusivität wegfällt. Hinzu kommen neue Konkurrenz-Veranstaltungen wie das Public Viewing am Marktplatz. Doch die Erfahrung habe ihm gezeigt, dass die Gäste dort Fußball schauen wollen, wo sie bereits gute Erfahrungen gemacht haben. Und das sei nun mal in der Stammkneipe.

Die noch verbleibenden Tage bis zum Turnierstart will Kraa nutzen, um seiner Kneipe den letzten Schliff zu verpassen. Alles soll deutsch-französisch dekoriert werden. Auch die Karte wird für das Großereignis angepasst. So soll die Küche neben den üblichen Gerichten auch spezielle Snacks für die Fußball-Zuschauer zubereiten.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort