Zwei Jahre Einreise verweigert Dreijähriger Duisburger kehrt aus Libanon zu seiner Familie zurück

Düsseldorf · Der drei Jahre alte Mohammad Issa aus Duisburg hat am Donnerstag endlich seine Familie wiedergesehen. Zwei Jahre war er von seinen Eltern getrennt, weil er nach einer Reise in den Libanon nicht wieder einreisen durfte. Am Düsseldorfer Flughafen flossen Freudentränen.

Düsseldorf: Dreijähriger Mohammad Issa kehrt aus dem Libanon zu seiner Familie nach Duisburg zurück

Düsseldorf: Dreijähriger Mohammad Issa kehrt zu seinen Eltern zurück

Düsseldorf: Dreijähriger Mohammad Issa kehrt zu seinen Eltern zurück
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Dreijähriger kehrt nach zwei Jahren zu seiner Familie zurück

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Foto: dpa/Marcel Kusch

Zarah und Dunja, sieben und acht Jahre alt, haben eine große Geschenktüte für ihren kleinen Bruder dabei. „Er kriegt Autos“, sagt Zarah. Wie ihre Mutter Bedriye El Mehri sind die Mädchen aufgeregt und angespannt, während sie am Düsseldorfer Flughafen auf die Ankunft des Dreijährigen warten. Immer wieder fließen Tränen. „Wenn er da ist, werde ich ihn fest umarmen und nicht mehr loslassen“, sagt die Mutter. Und dann ist es soweit: Der kleine Mohammad Issa ist mit Flug PC 1003 aus Istanbul gelandet, in Begleitung seines Vaters läuft er auf seine Mutter und die Schwestern zu. Bedriye El Mehri fällt auf die Knie und lässt den Jungen minutenlang nicht mehr los.

Zwei Jahre lang haben sie sich nicht gesehen. Der inzwischen dreijährige Junge hat länger bei seiner Tante im Libanon gelebt als bei seinen Eltern in Deutschland. „Familienzusammenführung“ steht auf dem Visum des Jungen, ausgestellt am 14. Januar von der Deutschen Botschaft in Beirut. Seitdem es dieses Dokument gibt, war für die Familie klar, dass ihr Albtraum ein Ende haben wird. Sie haben trotz aller Hürden immer daran geglaubt, dass sie ihren Sohn zurückbekommen. Sogar seinen Kindergartenplatz bezahlten sie ein Jahr weiter.

Der Albtraum begann im Dezember 2016. Bedriye El Mehri reiste mit ihrem kleinen Sohn zur Beerdigung ihrer Schwiegermutter in den Libanon. Die heute 28-Jährige lebte zu diesem Zeitpunkt seit 22 Jahren in Deutschland, als Sechsjährige war sie mit ihren Eltern als Asylbewerber aus der Türkei gekommen. Trotz der langen Zeit stellte die Ausländerbehörde ihr nie eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis aus – ein fester Job wäre dazu nötig gewesen. Als Mutter und Sohn im Januar 2017 vom Beiruter Flughafen zurück nach Deutschland fliegen wollten, gab es Probleme. Für Mohammad Issa fehlten die richtigen Papiere für eine Wiedereinreise, hieß es. Er ist zwar in Deutschland geboren und hätte mit seinen Eltern auch dort bleiben können - aber für eine Wiedereinreise hätte seine Mutter vor der Reise einen Antrag stellen müssen, was sie nicht wusste.

Bedriye El Mehris Schwägerin hatte die beiden in Beirut zum Flughafen begleitet. Der Junge durfte trotz inständigen Bittens der Frauen nicht mit seiner Mutter ausreisen, seine Tante nahm ihn zu sich. Die Mutter wollte das Problem mit der Ausländerbehörde in Duisburg klären. Eine Formalie, dachte Bedriye El Mehri. Doch es wurde ein zweijähriger Kampf. 4000 Kilometer entfernt von seinen Eltern und seinen beiden älteren Schwestern lebte der Junge nun im Libanon bei seiner Tante. Da die nach einer Krankheit zeitweise kaum in der Lage war, ein so kleines Kind zu versorgen, stand die Unterbringung des Jungen in einem Heim im Raum.

In Deutschland lehnte das Auswärtige Amt die Ausstellung eines Visums für den Jungen ab, da seine Mutter schließlich nur noch einen Duldungsstatus und damit kein Recht auf Familiennachzug hatte. Die Ausländerbehörde wollte die Familie abschieben. „Das war unserer Meinung nach reine Willkür“, sagt eine Unterstützerin, die die Mutter bei allen Behördengängen begleitet hat. Der Familienvater hatte schon damals eine feste Stelle als DHL-Lieferant. Mit der Verschlechterung ihrer Aufenthaltserlaubnis fiel auch die Möglichkeit für die Mutter weg, ihren Sohn im Libanon zu besuchen.

Sie startete eine Petition bei Change.org im Internet, mehr als 100.000 Menschen haben sie unterzeichnet. Der Petitionsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags setzte sich ebenfalls für die Rückkehr des Jungen ein. „Ich bin froh, dass es uns mit Beharrlichkeit gelungen ist, die Familie wieder zusammen zu führen“, sagt Sigrid Beer (Grüne), Mitglied des Ausschusses, am Donnerstag.

Nachdem die Familie von Duisburg nach Essen umgezogen war, ging alles auf einmal sehr einfach. Die Stadt Essen hatte der Familie im Oktober 2018 die nötigen Aufenthaltstitel erteilt und die Mutter konnte ein Visum für ihren Sohn beantragen. „Der Sachbearbeiter der Ausländerbehörde hat die Dramatik der Situation erkannt“, sagt die Unterstützerin. Mohammad Issas Mutter hat inzwischen einen festen Job als Reinigungshilfe. Trotzdem musste sie sich ein weiteres halbes Jahr gedulden, weil die Botschaft in Beirut überlastet war und es einige weitere Mühe brauchte, den Mitarbeitern von Deutschland aus den drängenden Einzelfall klar zu machen.

Sein Vater hat den Jungen nun abgeholt. Bedriye El Mehri sagt: „Im vergangenen Jahr habe ich jeden Tag den Rückhalt der über 100.000 Menschen auf Change.org gespürt. Ich bin ihnen unendlich dankbar, dass sie nicht müde geworden sind, das Auswärtige Amt und die Deutsche Botschaft in Beirut auf das große Unrecht hinzuweisen und zum Handeln zu bewegen.“ Heute sei der schönste Tag in ihrem Leben. Sie könne ihrem Sohn nun wieder über den Kopf streicheln und ihn trösten, wenn er traurig sei. Auch das hat immer gefehlt, in all den Telefonaten, die sie mit Mohammad Issa geführt hat. „Jetzt kann ich ihn aufwachsen sehen.“ Bald wird die Familie zu sechst sein: Bedriye El Mehri ist im sechsten Monat schwanger.

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