Der Machtpoker in NRW Rüttgers zieht die Konsequenzen

Jürgen Rüttgers gibt auf. Der NRW-CDU-Chef und geschäftsführender Ministerpräsident hat seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. Damit zieht er die logische Konsequenz aus der wachsenden Kritik an seiner Person und dem Festhalten an seinem Amt. Der Nervenkrieg um die Bildung einer Landesregierung hat nun ihr Opfer gefunden.

Presse: Rüttgers stellt sich ins Abseits
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Foto: ddp

"Ich strebe keine Ämter mehr an", sagte Rüttgers am Donnerstagabend nach Angaben eines Parteisprechers bei einer nicht-öffentlichen CDU-Konferenz in Essen. Nach dem Verzicht auf den Fraktionsvorsitz und darauf, gegen SPD-Chefin Hannelore Kraft bei der Ministerpräsidentenwahl anzutreten, will Rüttgers nun auch nicht mehr bei der Neuwahl des Parteivorstandes zur Verfügung stehen. Offenbar will er auch nicht mehr als stellvertretender CDU-Bundesvize kandidieren.

Es ist der letzte Schritt hinsichtlich des Rückzuges eines Mannes, der wochenlang seine politische Zukunft offen hielt. Denn ungeachtet des desaströsen Wahlergebnisses für die CDU blieb Rüttgers zunächst der, der er für die Landespartei war. Eine Führungsfigur, die angesichts des Hin und Her der Sozialdemokraten als stabiler Garant einer Regierung in NRW auftreten sollte.

Hoffnung auf Neuwahlen

Die Unruhe, die sich in NRW nach der Wahl ausgebreitet hatte, nutzte die CDU in dieser Hinsicht geschickt für sich - auch mit Blick auf mögliche Neuwahlen. Denn es war durchaus möglich, dass den Sozialdemokraten in NRW das gleiche Debakel wie der SPD in Hessen drohte.

Andrea Ypsilantis geplante Tolerierung durch die Linke, die schließlich platzte, führte zu Neuwahlen und zu einem Erstarken der CDU. Der eigentlich abgewählte Ministerpräsident Roland Koch blieb weiter im Amt. Darauf hätte auch die CDU in NRW hoffen können.

Doch dann war nichts so, wie es sein sollte. Statt Regierung hieß es Opposition. Und Rüttgers Position innerhalb der Partei wurde zunehmend geschwächt. Erwartungsgemäß wurde denn auch am Donnerstag die Ankündigung seines Rückzuges nach Angaben des Parteisprechers von den anwesenden CDU-Kreisvorsitzenden einstimmig begrüßt.

Denn in den vergangenen Tagen wurde die Kritik an Rüttgers immer lauter. Auf Widerstand stieß an der Basis vor allem die Hoffnung Rüttgers, bei einem Scheitern der rot-grünen Minderheitsregierung und möglichen Neuwahlen noch einmal antreten zu können. Es gab sogar Vorwürfe, dass sein Verzicht auf die weitere Ministerpräsidentschaft eine Koalition mit der SPD noch hätte ermöglichen können.

Rücktritt schon nach Wahl angeboten

Dass die Kritik wuchs, zeigte vor allem eins: Das wochenlange Tauziehen um die Regierungsbildung in NRW hat auch bei der CDU Spuren hinterlassen. Denn der CDU-Politiker hatte bereits kurz nach der Landtagswahl die politische Verantwortung für das schlechte Abschneiden der Partei übernommen und sogar seinen Rücktritt angeboten. Doch das wurde von den Mitgliedern des Landesvorstandes einstimmig abgelehnt.

Die CDU hatte sich nicht unberechtigt Hoffnungen gemacht, dass sie mit der SPD in einer großen Koalition regieren könnte, zumal sie - wenn auch äußerst knapp - stärkste Partei wurde. Dass es das Ziel von SPD und Grünen seit Beginn an war, die schwarz-gelbe Regierung abzuwählen und den Sozialdemokraten zudem die Personalie Rüttgers ein Dorn im Auge war, wurde geflissentlich ignoriert. Dazu trug auch Rüttgers selbst bei, der - gestärkt durch den anfänglichen Rückhalt aus der Partei - nicht mehr an Rückzug dachte. Doch das Scheitern der Verhandlungen mit der SPD und schließlich das Ja zu einer Minderheitsregierung von Rot-Grün machte die CDU mürbe.

"Weiter so" war nicht zu vermitteln

Und so war schon vor Beginn des Treffens der Kreisvorsitzenden deutlich geworden, dass es eine schonungslose Aufarbeitung der Ereignisse geben würde. "Nach den Wahlverlusten und den Verhandlungsergebnisse wird der Parteibasis ein Weiter-so-wie-bisher nicht zu vermitteln sein", sagte etwa der Vorsitzende des Kreisverbandes Kleve im Vorfeld der Gespräche unserer Redaktion.

Auch Rüttgers selbst erklärte bei dem Treffen: "Wir müssen Partei und Fraktion neu aufstellen." Er habe eine "sehr selbstkritische, aber auch sehr kluge Analyse" abgegeben, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Ganz zurückziehen wird sich Rüttgers wohl nicht aus der Politik. Denn schon bei der Ankündigung, nicht gegen Kraft kandidieren zu wollen, erklärte er, dass er sein Landtagsmandat behalte.

Und zunächst bleibt er auch bis zum Frühjahr im Amt. Denn die CDU kündigte am Freitag an, ihren Landesparteitag hinsichtlich der Wahl eines neuen Vorsitzenden nicht vorziehen zu wollen.

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