Kolumne „Hier in NRW“ Gefährlicher Balanceakt

Meinung | Düsseldorf · Das umstrittene Epidemie­gesetz fordert Regierung und Opposition gleichermaßen.

  Eine Sitzung im NRW-Landtag in Düsseldorf.

Eine Sitzung im NRW-Landtag in Düsseldorf.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Krisenzeiten machen die Exekutive stark. Die Legislative hingegen ist eher in der Defensive – wenn schnelles Handeln gefordert ist, erscheint das parlamentarische Prozedere leicht als zu umständlich.

Das lässt sich momentan in NRW beobachten. Gerade hat das schwarz-gelbe Landeskabinett eine Gesetzesnovelle beschlossen, die der Exekutive im Fall einer Epidemie viel Macht einräumen soll. Ein Beispiel: Der Gesundheitsminister könnte anordnen, dass Menschen mit medizinischer Vorbildung im Krankenhaus arbeiten müssen – auch wenn sie inzwischen in ganz anderen Berufen tätig sind. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit, der womöglich verfassungswidrig ist. Im Eiltempo will die Landesregierung dieses Gesetz durch das Parlament jagen. Dazu kommt es nun doch nicht, auch weil die Opposition sich sperrte.

Doch damit steckt sie im Zwiespalt. Was, wenn die Patientenzahlen kurzfristig so in die Höhe schnellen, dass medizinisches Personal knapp wird? Dann stehen SPD, Grüne und AfD als Verhinderer da. Aber auch die Landesregierung hat viel zu verlieren. Wenn sie ein Gesetz durchpaukt, das sich als verfassungswidrig erweist, wirft das lange Schatten auf ihr Demokratieverständnis. Dies dürfte insbesondere den Liberalen nicht recht sein. Und zum Versöhner-Image des Ministerpräsidenten würde solch ein Vorgehen auch kaum passen.

Die Bereitschaft zum Kompromiss ist daher groß. Und der sieht so aus: Am heutigen Mittwoch wird der Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht. Anschließend tagt der Gesundheitsausschuss und beschließt eine Anhörung mit Sachverständigen. Die zweite Lesung kann am Gründonnerstag folgen. Sollte das Gesetz bis dahin wesentlich verbessert werden, fällt die dritte Lesung aus. Die Opposition hätte Staatsräson gezeigt, die Landesregierung Handlungsfähigkeit bewiesen.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer­­ ­Autorin: kolumne@rheinische-post.de

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