Aras brauchen volle Aufmerksamkeit

Sie reden viel und vor allem ohrenbetäubend laut: Aras zählen nicht zu den Tieren, die leicht übersehen werden.

Aras brauchen volle Aufmerksamkeit
Foto: Franziska Koark

<p>Sie reden viel und vor allem ohrenbetäubend laut: Aras zählen nicht zu den Tieren, die leicht übersehen werden.

Sie sind bunt, schrill und stets um Aufmerksamkeit bemüht: Aras sind die Diven unter den Vögeln. Mit ihrem leuchtenden Gefieder, einer Größe von bis zu einem Meter und einem Wortschatz, der mehr als 100 Begriffe umfassen kann, gelten sie als die Könige der Papageien. Was Halter wissen müssen: Die auffälligen Tiere sind sehr sensibel und bedeuten oft eine lebenslange Verantwortung.

Wer sich an Aras wagt, braucht daher viel Erfahrung. "Es sind sehr anspruchsvolle und pflegeintensive Tiere", sagt Rüdiger Korbel, Leiter der Klinik für Vögel und Reptilien der Ludwig-Maximilians-Universität München. "Man sollte mit Wellensittichen anfangen, die geringere Haltungsansprüche haben, und dann zu Amazonen- und Graupapageien übergehen." Aras stünden ganz am Ende dieser Kette. Die Vögel brauchen viel Aufmerksamkeit und gut isolierte Wände. Bis zu 120 Dezibel erreicht ihr Schrei – in etwa die Lautstärke eines Presslufthammers.

Vor allem aber brauchen sie soziale Kontakte. "In freier Wildbahn haben Aras ein sehr ausgeprägtes, komplexes Sozialgefüge", sagt Korbel. Gemäß dem Deutschen Tierschutzgesetz dürfen sie daher nicht allein, sondern müssen immer paarweise gehalten werden. "Ein einsamer Vogel zeigt schnell Verhaltensstörungen. Wenn er sich rupft oder benagt, ist das ein Zeichen, dass etwas nicht stimmt."

Das Sprechen der Tiere ist ihre Form, zu kommunizieren. "Die Tiere lernen, die Worte je nach Situation zu benutzen", sagt Heike Mundt von der Vereinigung für Artenschutz, Vogelhaltung und Vogelzucht. Sie wüssten, dass man "Hallo" sage, wenn jemand reinkommt. "Oder sie wissen, dass der Besitzer kommt, wenn das Telefon klingelt. Also klingeln sie eben auch."

Scheidung oder Vogel

Problematisch wird es, wenn ein Vogel zu früh abgegeben wird. Mindestens zehn Monate lang sollte er gemeinsam mit seinen Artgenossen aufwachsen. Viele Züchter vermitteln Jungvögel aber schon früher, im schlimmsten Fall in Einzelhaltung. Die Fehlprägung auf den Menschen nimmt so teilweise extreme Züge an. "Es kann passieren, dass das Tier sich zu sehr auf eine Person fixiert", sagt Korbel. "Wenn diese eine Beziehung eingeht oder ein Kind geboren wird, tickt das Tier aus. Manchmal heißt es dann nur noch: Scheidung oder Vogel."

Neben falscher Sozialisierung und Einzelhaltung ist Platzmangel eines der häufigsten Probleme. Immer wieder werden Aras nur in Käfigen oder in viel zu kleinen Volieren gehalten. Ein rechtsverbindliches, aber oft umstrittenes Gutachten aus dem Jahr 1995 schreibt für größere Aras mindestens acht Quadratmeter vor. Tierschützer fordern um die 40 Quadratmeter.

Der Deutsche Tierschutzbund lehnt die Haltung von Papageien im Haushalt grundsätzlich ab. "Eine artgerechte Haltung ist nur in großräumigen Volieren oder Freiflughallen möglich", sagt Sprecher Marius Tünte. Wenn, dann sei bei privater Haltung auf eine möglichst naturnahe Umgebung zu achten: Sozialkontakte, Freiflug, Tageslicht, Bademöglichkeiten. Und möglichst viel Platz.

Wichtig ist ein Außenbereich, oder, im Fall einer Außenvoliere, ein Schutzraum: So können sich die Tiere zurückziehen, haben aber Zugang zu natürlichen Reizen – zu Gerüchen, Geräuschen, Regen. Aras stammen aus Süd- und Mittelamerika und sind eine Luftfeuchtigkeit von 60 bis 70 Prozent gewohnt. Zu trockene Luft kann lebensgefährlich sein und führt unter anderem zu schweren Schimmelpilzerkrankungen der Atemwege. Gerade wenn die Heizung drinnen die Luft austrocknet, ist ein Außenbereich wichtig. Alternativ können Raumluftbefeuchter helfen. Die Ausstattung der Voliere sollte sich nach dem ausgeprägten Knabber- und Nagebedürfnis der Tiere richten und abwechslungsreich sein: Äste mit Blättern gehören dazu, ein Baumabschnitt mit Rinde, auch Spielzeug gibt es im Fachhandel zu kaufen.

Krankheiten beim Ara

Mit 2500 Euro aufwärts müssen Besitzer für einen Vogel rechnen, der zuvor untersucht wurde und alt genug ist. Weil Aras kaum Krankheitssymptome zeigen, ist auch während der Haltung Aufmerksamkeit gefragt. Reagiert der Vogel nicht mehr auf Umweltreize, ist er aufgeplustert oder sein Kot verändert, muss er sofort zum Tierarzt. Viele Krankheiten sind haltungs- oder mangelbedingt - zu trockene Luft, Vitamin A-Mangel oder zu fettreiche Ernährung sind häufige Fehler. Im Fachhandel gibt es Pellets aus ausbalancierten Nährstoffen, erfahrene Züchter können auch Frischfutter und Nüsse mischen.

Mit ihrer anhänglichen, kommunikativen Art sind Aras aufmerksame Begleiter, aber auch eine Herausforderung. Da sie bis zu 80 Jahre alt werden können, verpflichten sich Halter oft über ihr eigenes Leben hinaus. Geschichten über die ganz besondere Wechselbeziehung zwischen Vogel und Besitzer gibt es viele. Und so musste sich schon mancher Enkel nach dem Tod des Großvaters daran gewöhnen, weiterhin seinen Raucherhusten aus der Voliere zu hören.

Bilder-Quiz: Welches Küken gehört zu welchem Vogel?

(areh)
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