Hustensäfte selten sinnvoll

Düsseldorf · Hustensäfte machen große Umsätze, doch ihre Wirksamkeit bleibt zweifelhaft. Manche sind sogar nicht ungefährlich. Zudem existieren mittlerweile zahlreiche Alternativen aus der Naturheilkunde. Viele greifen bereits zu bewährten Hausmitteln wie etwa Buchweizenhonig.

Eigentlich handelt es sich beim Husten um einen Schutzreflex, der die Atemwege frei halten soll. Doch viele Menschen empfinden ihn eher als ein lästiges Ärgernis. Allein in Deutschland werden Jahr für Jahr 70 Millionen rezeptfreie Hustenmittel verkauft, mit einem Umsatz von mehr als 400 Millionen Euro. Besonders beliebt: Der Hustensaft, da er sich speziell bei Kindern einer großen Beliebtheit erfreut.

Dabei ist sein Nutzen keineswegs sicher, wie die Geschichte vom Aufstieg und Fall des Hustenstillers Clobutinol eindrucksvoll belegt. Er wurde hierzulande 1961 eingeführt und unter dem Markenamen "Silomat" außerordentlich beliebt. Im Herbst 2007 wurde er wegen schwerwiegender Risiken für den Herzrhythmus aus dem Verkehr gezogen — nachdem er über 46 Jahre lang in fast jeder Hausapotheke stand und vermutlich noch heute in einigen steht.

"Ein Lehrstück für diejenigen, die immer noch an perfekte Arzneimittel ohne Nebenwirkungen glauben", findet Alexander Kekulé, Professor für Medizinische Mikrobiologie in Halle. Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Übelkeit und Juckreiz können auch bei Hustensäften mit dem Wirkstoff Dextromethorphan vorkommen. Immerhin hat er ein geringeres Suchtpotential als sein Verwandter, das rezeptpflichtige Codein. Wichtig ist, dass Dextromethorphan nur bei trockenem Reizhusten zum Einsatz kommt und nicht bei produktivem Husten, weil es den Schleimabtransport aus den Atemwegen unterdrückt.

Unproblematischer sind die Wirkstoffe Ambroxol und Bromhexin, weil sie nicht am Hustenzentrum des Gehirns ansetzen, sondern als Schleimlöser das Abhusten erleichtern sollen. Zudem existieren zahlreiche Alternativen aus der Naturheilkunde. Insbesondere homöopathische und pflanzliche Zubereitungen erfreuen sich großer Nachfrage, speziell bei Eltern, die ihre Kinder behandeln wollen.

Säfte aus Efeu, Primelwurzel oder Süßholz sollen den Schleimauswurf anregen, während Eibisch, Huflattich, Spitzwegerich, Malve und Isländisch Moos eher bei unproduktivem Reizhusten angezeigt sind. Die ätherischen Öle von Eukalyptus und Thymian zeigten im Labor antibiotische Fähigkeiten, doch ob das auch für ihre Anwendung als Hustensaft gilt, ist offen. Wie überhaupt fraglich ist, ob die Palette frei verkäuflicher Hustenmittel überhaupt wirksam ist. Knut Schröder, der sich an der Universität Bristol auf die Untersuchung von Medikamenten spezialisiert hat, hat da seine Zweifel. Er analysierte die wissenschaftliche Datenlage zu den gängigen Hustenmitteln, die es in Europa rezeptfrei zu kaufen gibt — und fand nur wenige gute klinische Studien zu dem Thema. In diesen wenigen Arbeiten präsentierten sich zudem die Arzneien entweder wie ein wirkungsloses Plazebo, "oder aber die beobachteten positiven Effekte waren von fraglicher klinischer Relevanz", so Schröder. Er empfiehlt: "Husten im Zusammenhang mit einer Infektion der oberen Atemwege kann man getrost unbehandelt lassen." Oder aber man greift zu bewährten Hausmitteln wie etwa Buchweizenhonig. Der wirkte in einer klinischen Studie an 105 hustenden Kindern sogar besser als ein Hustensaft mit Dextromethorphan. Laut Studienleiter Ian Paul von der Pennsylvania State University linderte das Bienenprodukt nicht nur die Hustensymptome, sondern verbesserte auch den Schlaf. "Darüber hinaus ist Buchweizenhonig in seiner Anwendung sicher und kinderfreundlich", so Paul. Denn er ist risikofrei — und schmeckt bei ähnlicher flüssig-sämiger Konsistenz genauso süß wie ein kommerzieller Hustensaft.

(RP)
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