Weltraum-Forscher

Im Weltall arbeiten, das Universum erkunden – die Fernsehbilder von der Mondlandung und den Forschungsmissionen wecken Träume und Wünsche. Tatsächlich ist die Erde vom All nicht allzu weit entfernt. So brauchte der deutsche Astronaut Thomas Reiter für seine "Euromir"-Mission mit der Sojus-Kapsel von der kasachischen Steppe bis zur russischen Weltraumstation MIR "nur" zwei Tage. Der Weg vom Studenten bis zum fertig ausgebildeten Astronauten ist hingegen ziemlich lang. Es kann einige Jahre dauern, bevor der Traum, Astronaut zu werden, tatsächlich wahr wird. "Voraussetzung für die Ausbildung zum Raumfahrer ist ein technisches, naturwissenschaftliches oder medizinisches Studium und einige Jahre Berufserfahrung", sagt Reiter, der heute Direktor für Bemannte Raumfahrt und Betrieb bei der Europäischen Weltraumorganisation ESA ist.

Reiter selbst war fasziniert von den Bildern der ersten Mondlandung im Jahr 1969 und hat seinen Traum verwirklicht. Nach seiner Ausbildung zum Piloten bei der Luftwaffe studierte er Luft- und Raumfahrttechnik an der Universität der Bundeswehr in München. Danach lockte ihn die ESA in Köln. Reiter gilt heute europaweit als der Raumfahrer mit der meisten Erfahrung im All. Als Bordingenieur für die Mission "Euromir 95" und während seiner sechsmonatigen Expedition zur ISS 2006 kreiste er insgesamt 350 Tage um die Erde.

Die Raumstation ist während der Einsätze zugleich Arbeits- und Aufenthaltsort für das in der Regel dreiköpfige, internationale Astronautenteam. Das heißt, auf 80 Meter Länge und 125 Meter Breite, ähnlich einer Fußballfeldabmessung, wird geforscht. "Bei jeder Mission werden verschiedene Experimente gemacht im Bereich der Biologie, Chemie, Medizin oder Technologie", weiß Reiter. So ist ein Forscherteam zum Beispiel der Frage nachgegangen, warum die Wurzel einer Pflanze in Richtung der Schwerkraft wächst, während der andere Teil sich entgegen der Schwerkraft entwickelt.

Hierzu bedarf es fundierter wissenschaftlicher Kenntnis. Und die erlernen die Anwärter in der Astronauten-Grundausbildung bei der ESA in Köln, dem Ausbildungszentrum für alle europäischen Astronauten. Im Mittelpunkt stehen Grundlagen der Medizin, Biologie, Naturwissenschaft und Technik. Besonders das technische Know-how ist nicht zu unterschätzen, denn auch die Wartung und Instandhaltung der Station vor Ort gehören zu den Aufgaben. "Ist ein Astronaut für eine Mission assigniert, kommen zu den zwei Jahren weitere 18 bis 24 Monate hinzu, um für den speziellen Einsatz gezielt geschult und trainiert zu werden", erläutert der ESA-Direktor.

Ein gutes Verhältnis zum Körper ist ebenfalls wichtig, rät Reiter. "Eine körperliche Leistungsfähigkeit ist notwendig, um der Schwerelosigkeit Stand halten zu können", sagt Reiter. So stehen auch an Bord täglich zwei Stunden Ausdauer- und Krafttraining auf dem Programm. Das ist im Weltraum umso wichtiger, denn es gilt, den körperlichen Verfall aufzuhalten, da in der Schwerelosigkeit pro Monat etwa ein Prozent der Knochenmasse schwindet. Ein Phänomen, das ebenfalls wissenschaftlich untersucht wird, um Osteoporose behandeln zu können.

Die NASA hat etwa 60 Astronauten, Russland schätzungsweise 30 und das europäische Astronautenkorps zwölf. Angesichts der Tatsache, dass es weltweit etwa rund 100 bis 110 Astronauten gibt, kann sich nicht für jeden der Traum vom Forschen im Weltall erfüllen. Für Absolventen des Studienganges Luft- und Raumfahrttechnik sieht Reiter aber gute Berufschancen. "Etwa 6000 Ingenieure arbeiten unmittelbar in der Luft- und Raumfahrtindustrie. Die ganze Raumfahrtechnik bietet eine fantastische Perspektive, denn sie steht an der Grenze des technisch Möglichen."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort