Small Talk im Büro Die Lizenz zum Quatschen

Düsseldorf (RP). Viele tun ihn als banales Geplänkel ab: den Small Talk unter Kollegen. Für die Kontaktaufnahme ist er aber unerlässlich. Wer keinen Mut zum Plaudern hat, sollte außerhalb des Jobs üben.

Ob alleine mit dem Kollegen im Aufzug, in großer Runde beim Betriebsfest oder vor Verhandlungen mit Kunden: Small Talk gehört zum Berufsalltag. Dennoch meiden ihn manche. "Einige sagen, sie mögen Small Talk nicht, weil das Gespräch zu oberflächlich sei, andere sind unsicher und wissen nicht, was sie sagen sollen", erklärt die Business-Trainerin Carolin Lüdemann aus Stuttgart. Sie hilft Menschen, im Job souveräner aufzutreten.

"Es ist ungemein wichtig, in der Lage zu sein, Beziehungen aufzubauen und auf andere zuzugehen", meint Lüdemann. Der Rhetoriktrainer Dieter Zittlau aus Düsseldorf sieht das ähnlich: "Ohne Small Talk kommt man im Berufsleben nicht aus." Wer die Kunst des "kleinen Gesprächs" nicht zumindest ansatzweise beherrscht, wirke schnell abweisend, erläutert der Psychologe. Denn Small Talk fungiert als Türöffner und soll eine angenehme Atmosphäre schaffen. Dafür ist es wichtig, positiv besetzte Themen zu wählen. Wer nicht über das Wetter reden möchte, kann beispielsweise Gemeinsamkeiten. "Mindestens eine gibt es immer: Man ist mit dem Gesprächspartner zur selben Zeit am selben Ort", sagt Lüdemann. Vielleicht gab es auf dem Arbeitsweg Stau, oder das Gebäude, in dem man sich befindet, wird gerade renoviert.

Zittlau rät, zum Einstieg über sich und seine Vorlieben zu sprechen. "Es ist immer gut, in Vorlage zu gehen und etwas von sich preiszugeben", sagt er. "Mir gefällt die neue Wandfarbe in den Büros" wäre eine Möglichkeit. Zu weit ins Private sollte man aber nicht gehen. Negatives kommt schlecht an: Dazu gehören der Streit mit der Ehefrau, die kranken Kinder oder die eigenen Wehwehchen. Wer mit solchen Themen ein Gespräch beginnt, erntet schnell peinliches Schweigen.

Auch Politik, Religion oder Geldfragen gelten als Tabuthemen. Der Knigge-Experte Hans-Michael Klein erklärt, warum: "Die Small Talk-Phase ist frei von Inhalt." Das "kleine Gespräch" soll unverfängliche Themen behandeln. "Das fällt einigen schwer, sie finden das zu banal oder zu doof", hat Klein beobachtet. Wenn der andere das spürt, zieht er sich zurück oder reagiert verunsichert. Vor allem in Gesprächen mit Kunden oder dem Chef ist das schlecht. "Man muss sich auch mal darauf einlassen, über Banalitäten zu reden."

Small Talk als Eisbrecher

Mitunter entwickelt sich das Geplauder sogar zu inhaltsvollen Gesprächen. "Es kann sich aus einem unverfänglichen Thema wie einer Fernsehsendung am Tag zuvor ein intensives Gespräch über grundsätzliche Weltanschauung und emotionale Themen ergeben", sagt die Diplom-Psychologin Doris Wolf aus Mannheim. Wenn das geschieht, hat der Small Talk als Eisbrecher funktioniert.

Zur Pflege einer Beziehung - sei es zu einem Kollegen oder zu einem Kunden - ist es wichtig, sich solche Themen und entdeckte Gemeinsamkeiten zu merken. Trifft man die Person das nächste Mal, kann man daran anknüpfen. Ähnliches gilt auch für Gespräche mit dem Chef. Wer wichtige Themen mit ihm besprechen will, entspannt die Atmosphäre durch anfänglichen Small Talk. "Man sollte nie mit der Tür ins Haus fallen", warnt Rhetoriktrainer Zittlau. Ein Gespräch über die neue Kantine oder das sommerliche Wetter bietet sich als Einstieg besser an, als direkt nach einer Gehaltserhöhung zu fragen.

Schüchterne Personen können Small Talk erlernen. "Etliche Menschen haben Redehemmungen, aber diese können überwunden werden", sagt Zittlau. Dafür sollte man immer wieder bewusst das Gespräch mit Kollegen suchen. Psychologin Wolf rät, Small Talk auch außerhalb des Jobs einzuüben: "Es ist sinnvoll, sich ganz gezielt unter Menschen zu begeben und Gespräche anzufangen, zum Beispiel auf einer Parkbank, am Kiosk oder beim Arzt." Dabei sollte man sich nicht unter Leistungsdruck setzen. Es muss kein ausführliches Gespräch entstehen. Das Ziel sollte lediglich sein, Kontakt aufzunehmen. "Wenn der andere nicht anspringt, hat es einfach nicht sein sollen."

Einigen Menschen hilft es auch, sich mögliche Themen zurecht zu legen. Zu sehr dürfe man sich starren Handlungsabläufen aber nicht unterwerfen, findet Knigge-Experte Klein. Er rät daher, hin und wieder einfach auf den Bauch zu hören.

(mais/kpl)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort