Tochter stört Mutter beim Flirten

Sehr gelungen: die französische Komödie "Willkommen im Hotel Mama".

2001 war ein französischer Film über die Generation Nesthocker im Kino, der hieß "Tanguy" und war eine hundsgemeine Satire über die eskalierenden Strategien zweier Eltern, die ihren knapp 30 Jahre alten Sohn endlich aus dem Kinderzimmer ekeln wollen. Dieser Film hier erinnert nun daran, er handelt die neue "Generation Boomerang" ab. Sanfter und reflektierter, aber an den richtigen Stellen nicht weniger böse.

Boomerang-Kinder sind längst selbständige Erwachsene, die nach Jobverlust, Scheidung oder ähnlichen Katastrophen notgedrungen wieder ins Elternhaus einziehen. Dass so was nicht zwingend gutgeht, liegt auf der Hand, dass sich keine der Parteien wirklich drüber freut, in der Regel auch. Für die Witwe Jacqueline (Josiane Balasko) ist die Rückkehr ihrer arbeitslosen Tochter Stéphanie (Alexandra Lamy) eine Tragödie. Der Ruhestand war so friedlich, die Romanze mit dem netten Nachbarn eine Etage höher kam gerade in Fahrt. Mit einer unterbeschäftigten Tochter im Wohnzimmer sieht Jacqueline wenig Möglichkeiten, ihr Liebesleben weiter vor den Kindern geheim zu halten.

Und für Stéphanie bedeutet das Wiederzusammenwohnen ein Zurück zu schlechtem Pulverkaffee, überheizter Luft, Scrabble und Francis Cabrel in Dauerschleife. Das sprunghafte Dialogverhalten und die überstürzten Ausflüge ihrer Mutter hält Stéphanie für ein Anzeichen von Demenz, dabei will Jacqueline eigentlich nur einmal schnell die Treppe hochschleichen. Ihr Dilemma nimmt bizarre Formen an, als auch Stéphanies Bruder und Schwester zum Diner kommen.

Mütter und Töchter, Verantwortung und Freiheitsdrang, Lust und Frust: Die Generationenkomödie des französischen Regisseurs Éric Lavaine ("Barbecue") bringt ein paar interessante Reibereien auf Jacquelines polierten Esstisch. Da werden sie zwar nur oberflächlich diskutiert, aber doch so, dass man mit Vergnügen dabei ist. Das Ensemble lässt Lavaine mit spritzigen Dialogen und jenseits von plattem Klamauk aufeinander los. Besonders fein aufeinander abgestimmt wirken Frankreichs legendäre Komödiantin Josiane Balasko und Alexandra Lamy, die viel Subtext in die Szenen bringen. Wer zusieht, wie Jacqueline sich unter hanebüchenen Ausreden nach dem Abendessen davonstehlen will, während ihre drei wachsamen Kinder in ihrem Verhalten nach Anzeichen von Alzheimer suchen, der wird auf der Stelle zum Fan. Und wer dabei ist, als Stéphanie versucht, ihrer störrischen Mutter ein E-Mail-Konto plus Passwort einzurichten versteht, warum es gut und richtig ist, dass Kinder flügge werden und ihre Eltern irgendwann in Ruhe lassen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort