Nach Monster-Erfolg steht Finnland Kopf Was ist aus dem Grand Prix geworden?

Helsinki (rpo). Wer es sich am Samstagabend beim 51. Eurovision Song Contest vor dem Fernseher gemütlich gemacht hatte, musste sich plötzlich wie in einer Geisterbahn vorkommen. Die Monster-Rocker Lordi zogen nicht nur ihre Satansnummer ab - sondern triumphierten sogar. Ihre Horrorshow wirft Fragen um den Grand Prix auf. Ihren Landsleuten in der Heimat war das nach dem Sieg freilich vollkommen egal.

 Horrorshow fürs Heimatland: Sieger Lordi mit der finnischen Fahne.

Horrorshow fürs Heimatland: Sieger Lordi mit der finnischen Fahne.

Foto: AFP, AFP

Hauptsache gewonnen: Ungeachtet persönlicher musikalischer Vorlieben haben am Sonntag viele Finnen den "Monster-Sieg" ihrer Schockrocker Lordi beim Song Contest in Helsinki gefeiert. Schließlich war es der erste finnische Sieg nach 40 meist äußerst erfolglosen Versuchen. Anfängliche Skepsis, die Horror-Kostümierung der Band könnte dem Image Finnlands im Ausland schaden, verflog nach den ersten acht Punkten für die Band. Lordi gewann schließlich mit der Rekordpunktzahl 292 - mehr als 40 Zähler vor dem zweitplatzierten Russland.

Um das Ansehen des Wettbewerbs und seiner Zukunft scherte sich zunächst einmal Niemand. Was ist aus der musikalischen Vielfalt, dem kulturellen Reichtum Europas geworden, wenn am Ende eine solche Nummer den Erfolg davon trägt? Und das noch in dieser Deutlichkeit. Auf der anderen Seite bekommt wahrscheinlich jede "Europäische Gemeinschaft" den musikalischen Sieger, den sie verdient.

Staatspräsidentin Tarja Halonen gratulierte den Musikern jedenfalls telegrafisch und Kulturministerin Tanja Karpela war davon überzeugt, dass Lordis Sieg beweise, dass finnische Musik im Ausland erfolgreich sein könne. Der Geschäftsführer des finnischen Fernsehsenders YLE; Mikael Jungner, sprach von einem "Jackpot" für das skandinavische Land. "Andere kleine Länder haben es auch hingekriegt, eine Show auf die Beine zu stellen. Irgendwie werden wir das Geld auftreiben", sagte er.

Autokorsi und Straßenfeste

Hunderte feierten Lordis Sieg mit dem hinausgeschrienen "Hard Rock Hallelujah" überschwänglich mit Autokorsi und Straßenfesten. "Ich behaupte nicht, Rock-Fan zu sein", sagte eine Teilnehmerin, Nina Laisi. "Das ist nicht meine Lieblingsmusik, aber ich bewundere diese Burschen." Erkki Turunen erklärte, mit einem Bierglas in der Hand: "Das war nicht irgendein Unsinn. Das war wirklich cool."

Auch erklärte Rock-Gegner fanden Positives am Auftritt von Lordi wie die ihren 50. Geburtstag feiernde Aila Jantti: "Es ist absolut großartig, das Finnland gewonnen hat. Ich mag Rockmusik nicht, aber ich denke das Lordi mit ihren Masken und ihrem Gehabe besser als viele andere waren - insbesondere diesen Frauen in durchsichtiger Unterwäsche fast wie in einer Porno-Show."

Lordi stammen aus Rovaniemi, einem Ort am Polarkreis in Finnland. Ihren Sieg werteten sie als Beweis, dass auch Rock-Fans den eher im Schlager verwurzelten Song-Contest verfolgen.

Finnland war es bisher gewöhnt, bei der europäischen Länderumfrage kaum über "zero points" hinwegzukommen. Achtmal ging das Land mit null Punkten als Letzter aus dem Wettbewerb. Zweimal hatte man sogar die Meldung wieder zurückgezogen, weil man befürchtete, wieder letzter zu werden.

(ap)
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