EU-Vorstoß zur Finanztransaktionssteuer Viel Applaus für eine Steuer gegen Spekulanten

Berlin (RPO). Die EU-Kommission will in allen 27 Mitgliedsstaaten eine sogenannte Finanztransaktionssteuer einführen. Die deutsche Opposition ist begeistert. SPD, Linke und Grüne forderten am Mittwoch eine schnelle Umsetzung des Plans. In Fachkreisen ist man nicht ganz so begeistert. Die Steuer birgt auch Probleme.

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Foto: dapd

EU-Kommissionschef José Manuel Barroso hatte am Vormittag erklärt, das Kollegium habe einen Gesetzesvorschlag für eine Finanztransaktionssteuer angenommen. Die Abgabe auf Aktien-, Anleihen- und Derivategeschäfte soll bis zu 57 Milliarden Euro jährlich einbringen. Die Kommission will die Einführung zum 1. Januar 2014 erreichen.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sagte, der Kommissionsbeschluss sei "ein wichtiger Schritt". Den Worten müssten jetzt aber auch Taten folgen, "denn die Bürger Europas sind in der Sache schon zu oft vertröstet worden". Für die SPD-Fraktion im Bundestag begrüßten die Finanzpolitiker Nicolette Kressl und Carsten Sieling den Brüsseler Vorstoß "ausdrücklich". Es sei "ein Gebot der Gerechtigkeit und volkswirtschaftlicher Vernunft", den Finanzsektor höher zu besteuern.

Spekulationen eindämmen

Der Linke-Europapolitiker Alexander Ulrich erklärte: "Endlich verschließt die Europäische Kommission nicht mehr die Augen vor den wahren Ursachen der Euro-Krise". Die Spekulanten müssten "an die Kette gelegt werden". Dazu leiste die Finanztransaktionssteuer einen wichtigen Beitrag. Jetzt müsse schnell gehandelt werden.

Der Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Jürgen Trittin, und die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europaparlament, Rebecca Harms, forderten die Bundesregierung zur Unterstützung der Brüsseler Initiative auf. Mit der Steuer könne die Spekulation an den Finanzmärkten eingedämmt werden. Außerdem hätte Europa dann eigene Steuereinnahmen, "die dringend benötigt werden, damit die Beiträge der Mitgliedstaaten sinken können".

Auch der eher marktwirtschaftlich ausgerichtete Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung (Ifo), Hans-Werner Sinn, begrüßt die Pläne der EU-Kommission. "Ich bin dafür", sagte Sinn der Zeitung "Die Welt" (Donnerstagausgabe). In den Handelssälen der Banken würden zu viele volkswirtschaftlich sinnlose Geschäfte gemacht. "Auf den Finanzmärkten gibt es so viele Nullsummen-Spiele, da muss man etwas machen", sagte Sinn.

Allerdings warnte der Ifo-Präsident vor einem Alleingang Deutschlands: "Wir dürfen das nicht alleine machen." Eine Abgabe könnte viele Börsengeschäfte weniger profitabel machen und so den Bankensektor unter Druck setzen.

Im gleichen Sinne äußerte sich bereits am Mittwoch auch der hessische Europaminister Jörg-Uwe Hahn (FDP). Hessen sei nicht grundsätzlich gegen die Abgabe. Diese dürfe aber nicht nur in der Euro-Zone erhoben werden. "Dies wäre hochgradig wettbewerbsverzerrend zulasten des Bankenplatzes Frankfurt", warnte Hahn.

Es ist nicht das einzige Gegenargument, das Experten gegen eine Transaktionssteuer vorbringen. Einige Fachleute befürchten, dass durch ein geringeres Marktvolumen Spekulanten, die Milliarden bewegen können, sogar noch mehr Einfluss auf das Geschehen an den Börsen bekommen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) befürwortet die Steuer auf Börsengeschäfte schon seit geraumer Zeit. Zuletzt sorgte er mit der Überlegung für Aufsehen, das kritisch eingestellte Großbritannien zunächst außen vor zu lassen und die Abgabe nur in der Eurozone einzuführen. Das sorgte für heftige Kritik der FDP.

CSU will Einnahmen nationalen Haushalten zuschlagen

Die CSU hingegen fährt weiter ihren unlängst eingeschlagenen euro-skeptischen Kurs. Sie wittert eine EU-Steuer durch die Hintertür. Dagegen erklärte der europapolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Thomas Silberhorn, die Steuer dürfe "keine weitere Einnahmequelle der Europäischen Union werden". Die Erträge müssten "in vollem Umfang den nationalen Haushalten zur Verfügung stehen".

Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) warnte ebenfalls vor einer EU-Steuer "durch die Hintertür". Er begrüße zwar den Vorstoß mit Blick auf "die zwingend erforderliche Konsolidierung der öffentlichen Haushalte in Europa". Eine Abgabe zugunsten des EU-Haushaltes führe aber im Ergebnis nur dazu, dass sich das EU-Budget von den nationalen Haushalten abkoppele, und sei mit dem Charakter der Europäischen Union als Staatenverbund nicht vereinbar.

(apd/pst)
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