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Datenaffäre bei der Bahn SPD fordert den Rücktritt Mehdorns

Berlin (RPO). Die Datenaffäre der Deutschen Bahn schlägt immer höhere Wellen: Nach weiteren Eingeständnissen zu Mitarbeiterprüfungen wächst die Kritik an Hartmut Mehdorn. In der SPD gibt es inzwischen Stimmen, die offen den Rücktritt des Bahn-Chefs fordern. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, schließt eine Ablösung von Mehdorn nicht aus.

Die Fehler des Bahn-Chefs
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Foto: AP

In Berlin steigt der Unmut über die internen Vorgänge bei der Bahn - und über die Kommunikation in der Datenaffäre. Angesichts der aktuellen Meldungen über den Abgleich von Daten innerhalb des Konzerns sagte Dieter Wiefelpütz dem "Kölner Stadt-Anzeiger": "Wenn das so wäre, wird sich Herr Mehdorn nach einer neuen Tätigkeit umsehen müssen." Wenn die Anschuldigungen zuträfen und Mehdorn davon gewusst habe, sei es "schlimm; wenn nicht, ist es auch schlimm".

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), sagte der Zeitung, der Vorgang sei "geeignet, das Ansehen der Bahn weiter zu schädigen". "Und es kann nicht sein, dass sie scheibchenweise mit der Wahrheit herausrückt. Es ist höchste Zeit, dass die Bahn alle Karten auf den Tisch legt," forderte Edathy.

Auch die Opposition sieht Klärungsbedarf und vor allem die Unternehmensführung in der Pflicht. "Mehdorn hat seine letzte Chance vertan", erklärte der FDP-Verkehrsexperte Horst Friedrich. Er forderte die Bundesregierung auf, "öffentlich Stellung zu nehmen und zu erklären, welche Konsequenzen sie ziehen will." Erforderlichenfalls werde die FDP beantragen, dass auch Mehdorn am Mittwoch kommender Woche im Verkehrsausschuss des Bundestages "Rede und Antwort stehen muss".

Die Bundesregierung hält sich derzeit mit eindeutigen Bekenntnissen zu Mehdorn zurück. Immerhin könnte der Bund als alleiniger Anteilseigner seinen Einfluss geltend machen, um den Konzernchef abzusetzen. Doch in der Umbruchsituation, in der sich der Staatskonzern befindet, soll der Manager gehalten werden. Mehdorn ist seit 1999 Bahnschef und hatte seitdem zahlreiche Reformen und den geplanten Börsengang eingeleitet. Bei einem weiteren Fehler dürfte der umstrittene Vorstandsvorsitzende nicht mehr zu halten sein.

Bahn gesteht Skandal ein

Zuvor hatte Bahn-Sprecher Oliver Schumacher bestätigt, dass es nach dem Abgleich von Mitarbeiterdaten in den Jahren 2002 und 2003 auch im Jahr 2005 ein "Screening" gegeben habe. Dieses habe einen ähnlichen Umfang gehabt wie die vorherige Überprüfung, von der 173.000 Mitarbeiter betroffen waren. "Süddeutschen Zeitung" und der "Financial Times Deutschland" meldeten hingegen, 2005 seien alle Mitarbeiter überprüft worden. Die Bahn hat rund 220.000 Beschäftigte.

Der Chef der Bahn-Gewerkschaft GDBA, Klaus-Dieter Hommel, warf dem Unternehmen "katastrophales Krisenmanagement" vor. Eine Personaldiskussion allein um Mehdorn sei derzeit jedoch wenig hilfreich. Der gesamte Vorstand stehe in der Verantwortung. Deswegen hielten die zweite große Bahngewerkschaft Transnet an einer "zeitnahen" Einberufung des Aufsichtsrates zu einer außerordentlichen Sitzung fest. Dann müssten endlich alle Fakten auf den Tisch kommen und bewertet werden. "Ob das Maß voll ist, werden wir in den nächsten Tagen sehen", sagte Hommel.

Auch die Gewerkschaft Transnet hat mit Empörung auf die Nachricht reagiert und fordert eine vollständige Aufklärung. "Der ganze Vorgang muss jetzt endlich einmal komplett auf den Tisch", sagte der Chef der Bahngewerkschaft Transnet, Alexander Kirchner, der "Berliner Zeitung" . Die Gewerkschaft habe jetzt "genug von Eichhörnchen, Uhu und Babylon", fuhr er fort in Anspielung auf die Codenamen für die Überprüfungsaktionen.

Vollständige Aufklärung gefordert

Transnet-Chef Kirchner zeigte sich darüber hinaus enttäuscht von dem Mitarbeiter-Brief des Bahnchefs. Dieser sei zwar ein erster Schritt auf die Belegschaft zu, "aber keineswegs zufriedenstellend. Es fehlt immer noch eine Entschuldigung, die klare Ansage, wir haben da was falsch gemacht und dafür entschuldigen wir uns." Die Bahn hatte am Dienstag bestätigt, dass es 2005 eine zweite Überprüfung von Mitarbeiterdaten gab.

Bahnchef Hartmut Mehdorn wies am Dienstagabend in einer Erklärung die Vorwürfe zurück, die Bahn informiere nur stückweise über den Datenskandal: "Dies ist keine Salamitaktik, sondern entspricht dem natürlichen Gang sehr schwieriger Ermittlungen." Die Bahn habe bereits in der Sitzung des Prüfungsausschusses des Aufsichtsrates am vergangenen Freitag mitgeteilt, dass derzeit noch kein Ende der Ermittlungen absehbar sei und weitere mögliche Vorgänge nicht auszuschließen seien. "Unsere Ermittlungen dauern weiterhin an. Durch die Einschaltung Dritter versuchen wir, das Verfahren zu objektivieren und zu beschleunigen", erklärte Mehdorn. Die Aufsichtsratsgremien würden über die Ergebnisse der laufenden Ermittlungen regelmäßig informiert.

Blogger abgemahnt

Am späten Dienstag wurde darüber hinaus bekannt, dass die Bahn einen Blogger abgemahnt hat. Markus Beckedahl hatte das interne Bahn-Memorandum zur Rasterfahndung auf der Webseite "netzpolitik.org" online gestellt. Nur wenige Stunden später erhielt er eine Abmahnung des Konzerns und wurde aufgefordert, das Dokument aus dem Netz zu nehmen. Die Inhalte des nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Schriftstücks waren der Öffentlichkeit jedoch bereits vorab durch die Berichterstattung in den Medien bekannt.

(AP)
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