Seminare für Führungskräfte Manager lernen vom Affen

Gelsenkirchen (RP). Bei Seminaren für Führungskräfte im Gelsenkirchener Zoo erklärt Patrick van Veen, was Chefs von Schimpansen und Gorillas lernen können. Vor dem Affengehege beobachten sie Taktiken im Umgang mit Untergebenen.

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Foto: ap

Lausen ist Patrick van Veens Lieblingswort. "Sie müssen lausen lernen." Eindringlich wiederholt er den Satz vor dem Affengehege im Gelsenkirchener Zoo, umringt von einer Gruppe Topmanager, die eifrig mitschreibt, um den richtigen Umgang mit Mitarbeitern zu üben. "Lausen" schreiben sie auf, und setzen ein Ausrufezeichen dahinter.

Van Veen ist Coach für Führungskräfte — mit einem ungewöhnlichen Seminarkonzept: Affen im Zoo sollen Managern beibringen, was einen guter Führungsstil ausmacht. In Holland ist der Niederländer mit seinen Seminaren äußerst erfolgreich, nun bietet er das Coaching auch in Deutschland an.

"Sie müssen lausen lernen"

Eine Gruppe Schimpansen soll den Führungskräften im Gelsenkirchener Zoo zeigen, wie sich ein Chef seine Mitarbeiter gewogen macht. Gebannt beobachten die Manager ein Alphamännchen, wie es gelangweilt einen Affen laust. "So sichert sich der Chef die Unterstützung", erklärt van Veen. Lausen ist Aufmerksamkeit, Kumpanei. Zwei sich lausende Affen, das sind zwei Angestellte, die gemeinsam ein Bierchen trinken. "Das schafft Freunde", sagt van Veen. "In der Arbeitswelt entspricht das Lausen durch den Chef dem persönlichen Mitarbeitergespräch."

Van Veen kennt sich in der tierischen und menschlichen Gruppendynamik gleichermaßen gut aus. Der studierte Biologe wechselte nach dem Examen als Projektleiter zu einer Versicherung und machte dort erstmals Erfahrungen mit Hierarchien und ihren Ritualen. "Das Verhalten der Chefs kam mir sehr bekannt vor", sagt er. "Es war nahezu identisch mit dem der Alpha-Affen." Das sei nicht verwunderlich, schließlich stimme die menschliche DNA zu 98,5 Prozent mit der von Schimpansen überein.

Fast alle Rituale der Affenhorden begegneten van Veen beim Umgang mit den Kollegen wieder. "Wenn der Chef polternd und mit vorgestreckter Brust seine Runde durch die Firma machte, habe ich immer einen Affen gesehen, der kreischend durch das Gehege rennt und den anderen auf die Schultern schlägt." Eine Demonstration seiner Dominanz. Laut van Veen völlig überflüssig.

Herrschaftsansprüche solle ein Chef nur dann klarmachen, wenn er öffentlich angegriffen werde. Gorillas lösen das so: Muckt ein Affe aus der Horde auf, ignoriert der Boss das, schnappt sich kurz darauf einen unbeteiligten Schwächeren, greift ihn unvermittelt an und kämpft ihn nieder — danach ist klar, wer der Boss ist.

Doch nur Status zur Schau zu stellen, reiche nicht, um eine Gruppe zu führen. Viele Chefs würden das symbolische Dominanzgehabe überschätzen, sich mit Ledersesseln und Limousinen schmücken und den sozialen Faktor vernachlässigen. "Sie müssen mehr lausen", wiederholt van Veen. "Wenn Sie nur E-Mails verschicken, geht das persönliche Verhältnis zu den Mitarbeitern verloren."

Das kann fatale Folgen haben, denn Untergebene neigen zur Koalitionsbildung: Sie verbünden sich gegen den Boss. In der Welt der Affen mauscheln sie hinter einem Busch, preschen dann hervor und gehen auf den Chef los. Der überlebt einen solchen Angriff selten. "Führungskräfte brauchen psychologisches Geschick." Sie müssen Koalitionen erkennen und sie brechen. "Dazu müssen sie zwei bis drei Personen aus der Gruppe lösen und auf ihre Seite ziehen."

Chefsessel ist ein heißer Stuhl

Der Chefsessel ist ein heißer Stuhl, der verteidigt werden will, und Positionsgerangel kostet Zeit. Diese Kämpfe bilden urtypische Verhaltensmuster ab. Chefs, sagt van Veen, seien nichts anderes als Affen in Anzügen. "Die 1,5 Prozent Unterschied zwischen uns und den Affen müssen wir nutzen, um dies zu erkennen und Dominanzverhalten in Grenzen zu halten." Dann würde die Zusammenarbeit oftmals effektiver sein.

(RP)
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