Rüstung Geheimsache Panzer

Düsseldorf (RP). So verschwiegen ist keine andere Branche. Seit Tagen spekuliert die Republik über die Hintergründe eines brisanten Panzerdeals: Ausgerechnet an die Saudis, die als Strippenzieher des Widerstandes gegen die arabische Demokratiebewegung gelten, will Deutschland 200 Leopard-2-Panzer liefern.

 Begehrt in aller Welt: Der deutsche Kampfpanzer vom Typ Leopard 2.

Begehrt in aller Welt: Der deutsche Kampfpanzer vom Typ Leopard 2.

Foto: dapd, dapd

Experten schätzen den Kaufpreis auf 1,7 Milliarden Euro. In anderen Branchen würde ein solches Geschäft mit Pressekonferenzen, Politiker-Grußworten und einem Tag der offenen Tür gefeiert. Aber in der Rüstung gelten andere Gesetze. "Kein Kommentar" heißt es unisono bei Rheinmetall (Düsseldorf) und Krauss-Maffei-Wegmann (KMW, München), die sich die Produktion des weltweit gefährlichsten Kampfpanzers teilen. Und — auch das ist ungewöhnlich im intrigenreichen Wirtschaftsalltag — die Geheimhaltung funktioniert. Zumindest bis jetzt.

 Aktivisten des Kampagnetzwerks Campact protestierten in dieser Woche vor dem Reichstag gegen den geplanten Deal.

Aktivisten des Kampagnetzwerks Campact protestierten in dieser Woche vor dem Reichstag gegen den geplanten Deal.

Foto: dapd, dapd

Erinnerungen an Fall Schreiber

Das Geschäft weckt unangenehme Erinnerungen: Ende der 1990er Jahre brachte der Waffenhändler Karlheinz Schreiber mit millionenschweren Schmiergeldzahlungen an deutsche Top-Politiker die Republik ins Wanken. Auch dabei ging es um Panzer für Saudi-Arabien: Waffenlobbyist Schreiber wollte eine Lieferung von 36 deutschen Fuchs-Panzern an das autoritäre Königreich ermöglichen. Bis 1999 wurden die Fuchs-Panzer von einer Thyssen-Tochter gebaut, heute gehören sie neben dem Leopard zu den wichtigsten Kassenschlagern von Rheinmetall.

Einerseits ist die Geheimniskrämerei gesetzlich verordnet: Große Teile der Wehrtechnik sind sicherheitsrelevant. Andererseits sind Milliardengeschäfte mit technisch faszinierendem Kriegsgerät, die verschlungenen Geschäftswege der Rüstungsfirmen und ihre geradezu notorische Verschwiegenheit perfekte Zutaten für Verschwörungstheorien. Und — wie das Kapitel Schreiber zeigt — auch für tatsächliche Skandale. Wer sind die wichtigsten deutschen Waffenschmieden? Und wie tickt diese Branche, die den "Streng geheim"-Stempel fast so oft wie Büroklammern zückt?

80.000 Mitarbeiter

Obwohl Deutschland der drittgrößte Waffenexporteur der Welt ist, beschäftigen die Rüstungsfirmen im Inland nur 80.000 Mitarbeiter. In der Automobilindustrie etwa arbeiten zehnmal mehr Menschen. Die volkswirtschaftliche Bedeutung der deutschen Rüstung fußt also weder auf ihrem Branchenumsatz (je nach Berechnung zwischen knapp vier und acht Milliarden Euro) noch auf ihrer Funktion als Jobmotor. Ihr wichtigster Beitrag ist das immense technische Know-How der Rüstungsingenieure, deren geheime Erfindungen abgewandelt oft auch im Alltag nützen.

Nicht umsonst produzieren Rüstungslieferanten wie Rheinmetall, ThyssenKrupp oder MAN parallel auch noch für die Automobilindustrie. Ihre Rolle als Innovationsmotor wissen gerade die deutschen Lobbyisten der Branche immer wieder geschickt auszuspielen, wenn es um die Vergabe milliardenschwerer Bundeswehraufträge geht. Oder um die Abwehr ungeliebter Investoren zum Beispiel aus Russland, die vor zwei Jahren ihren Anteil am größten europäischen Rüstungskonzern EADS aufstocken wollten, und bei der deutschen Politik auf Granit bissen.

Zwei Drittel werden exportiert

Zwei Drittel der deutschen Rüstungsgüter werden exportiert — die Hälfte davon wiederum in EU- oder Nato-Staaten. Griechenland und die Türkei sind traditionell die größten Abnehmer. Saudi-Arabien ist ebenfalls schon lange ein guter Kunde. Allerdings bezogen die Saudis zuletzt vor allem Radare und Raketenteile — Kriegsgerät also, dass sich im Gegensatz zu Leopard- oder Fuchspanzern kaum gegen die eigene Bevölkerung einsetzen lässt. Was genau die Saudis eigentlich mit gleich 200 Leopard-Panzern anstellen wollen, ist unklar.

Vermutlich steht die Antwort in den geheimen Leopard-Akten der Bundesregierung. Und wenn nicht, müsste der Bundessicherheitsrat sich wohl noch ganz anderen Fragen stellen. Oder eben weiterhin auf Geheimhaltung pochen.

(RP)
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