Regierung schweigt zum Deal mit Saudi-Arabien Massive Kritik an Panzer-Lieferung

Berlin (RPO). Das mögliche Waffengeschäft der deutschen Bundesregierung mit Saudi-Arabien sorgt für massive Kritik - nicht nur von Opposition, Koalitionspartner FDP und Mitgliedern der Union. Der Friedensforscher Jan Grebe befürchtet, dass die Leopard-Panzer gegen Demonstranten in dem autokratischen Königreich eingesetzt werden könnten.

FDP-Abgeordnete verlangten am Dienstag von der Bundesregierung Informationen über die möglichen Lieferungen. Auch aus der Unionsfraktion kamen mahnende Stimmen. Die Opposition kritisierte den möglichen Deal scharf. Die Grünen beantragten eine Aktuelle Stunde im Bundestag.

Die 200 Leopard-Panzer, die laut Berichten von Deutschland nach Saudi-Arabien geliefert werden sollen, könnten nach Einschätzung des Friedensforschers Jan Grebe als effektive Waffe gegen mögliche Protestbewegungen in dem autokratischen Königreich dienen.

Das Modell "2A7+" sei "speziell für den Einsatz in dicht bebauten Städten konstruiert", sagte der Wissenschaftler vom Internationalen Bonner Konversionszentrum (BICC) am Dienstag. Die Herstellerfirma Krauss-Maffei-Wegmann werbe sogar ausdrücklich damit, dass ihr Panzer im Einsatz gegen Einzelpersonen besonders effektiv sei.

Deutschland heizt Hochrüstung einer ganzen Region an

Mit der Panzerlieferung würde die Bundesregierung gegen ihre erklärten politischen Grundsätze verstoßen, so Grebe. Demnach sollen keine Waffen in Konfliktregionen und Länder mit prekärer Menschenrechtslage exportiert werden. Beides sei aber in Saudi-Arabien der Fall.

Nach innen sei die Bildung einer Protestbewegung wegen des repressiven Staatssystems und der wirtschaftlichen Perspektivlosigkeit durchaus denkbar, gegen die das Regime brutal vorgehen werde. Nach außen bestehe unter anderem eine scharfe Rivalität zum Iran. "Wenn Deutschland nun im großen Stil Waffen liefert, dann heizt es die Hochrüstung einer ganzen Region mit an, in der es immer wieder zu bewaffneten Konflikten gekommen ist", sagte Grebe.

Einem "Spiegel"-Bericht zufolge will Deutschland erstmals schwere Kampfpanzer des Typs "Leopard" in den Golfstaat schicken. Der Bundessicherheitsrat habe den Export gebilligt. Von der Bundesregierung gab es keine Informationen.

FDP-Abgeordnete verlangen Auskunft

Der ehemalige FDP-Parteichef Wolfgang Gerhardt sagte am Dienstag vor einer Fraktionssitzung, es sei "nicht vertretbar", dass 93 FDP-Parlamentarier in die Sommerpause geschickt werden, ohne zu wissen, worum es hierbei gehe. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Jürgen Koppelin betonte, er könne sich vorstellen, "dass man in den entsprechenden Gremien durchaus nachfragen sollte".

Fraktionschef Rainer Brüderle verwies hingegen darauf, dass die Bundesregierung und nicht das Parlament über eine solche Ausfuhrgenehmigung entscheide. Der zuständige Bundessicherheitsrat tage aus guten Gründen nicht öffentlich. Schon die rot-grüne Koalition sowie die schwarz-rote Koalition seien so verfahren und das habe sich bewährt. "Mein Vertrauen in die Bundesregierung ist ungebrochen groß", sagte Brüderle.

Skepsis bei Unions-Abgeordneten

Skeptisch äußerte sich hingegen die Menschenrechtsexpertin der Fraktion, Erika Steinbach. "Da muss man sehr genau hinsehen", sagte die CDU-Politikerin dem Onlineportal "bild.de". Auch der frühere Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) mahnte, man müsse diese Entscheidung sorgfältig abwägen, Menschenrechtsgesichtpunkte dürften nicht vernachlässigt werden.

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder, sagte dagegen unserer Redaktion: "Fest steht, dass Saudi-Arabien in der Zukunft ein wichtigerer Partner auch für die Sicherheitsinteressen Israels werden könnte." Die Bundesregierung tue gut daran, an ihrer Geheimhaltung festzuhalten.

Die Spitzen der Unions-Fraktion wollten sich am Dienstag nicht öffentlich äußern. Laut dapd-Informationen aus Teilnehmerkreisen wurde das Thema in der Unions-Fraktionsitzung am Nachmittag nicht umfassend diskutiert. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) bat um Verständnis dafür, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht öffentlich äußern könne. Kauder sprach sich Teilnehmerkreisen zufolge gegen einen Parlamentsvorbehalt bei diesem Thema aus.

Ablehnung von SPD

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles griff die Regierung scharf an. Die Bundesregierung verstoße eklatant gegen die eigenen Bestimmungen der Politischen Grundsätze zum Waffen- und Rüstungsexport. "Die Bundesregierung verweigert die Auskunft und verschanzt sich hinter einer Wand aus Schweigen. Hier wird das gesamte Parlament am Nasenring durch die Manege geführt".

Der SPD-Fraktionschef und frühere Außenminister Frank-Walter Steinmeier nannte den Panzerdeal "kurzsichtig". Angesichts der Entwicklungen in der arabischen Welt wäre es richtig gewesen, "vorangegangene Entscheidungen zu überprüfen". Steinmeier bestätigte, dass auch schon frühere Bundesregierungen mit Waffenwünschen aus Saudi-Arabien konfrontiert waren.

Grüne beantragen Aktuelle Stunde

Die Grünen verlangten Aufklärung und beantragten eine Aktuelle Stunde im Bundestag. Es stelle sich die Frage, ob die Bundesregierung die Profitinteressen der Rüstungsindustrie über ihre Verpflichtung stelle, international für Menschenrechte einzutreten, sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast.

Linke-Fraktionsvorsitzender Gregor Gysi rügte, "die ganze schein-moralische Argumentation der Bundesregierung wird damit dauerhaft in Zweifel gezogen". Seine Partei habe beantragt, Waffenlieferungen in die betroffenen nordafrikanischen und arabischen Länder zu verbieten. Damit wolle die Linke die Entscheidung über Waffenlieferungen von der Regierung auf den Bundestag übertragen.

(apd/kna)
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