Offenbar personelle Konsequenzen bei Vattenfall Gabriel will alte AKWs schnell abschalten

Dresden/Berlin (RPO). Will sich der umstrittene schwedische Energiekonzern Vattenfall von seinen Pannenreaktoren Brunsbüttel und Krümmel trennen und diese ganz an Mitbetreiber Eon übertragen? Entsprechende Gerüchte machen die Runde. Unterdessen fordert Umweltminister Sigmar Gabriel, alle älteren Atomkraftwerke in Deutschland früher abzuschalten als geplant.

Atomkraftwerke in Deutschland
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Deren Restlaufzeiten könnten auf neue übertragen werden, sagte Gabriel der "Sächsischen Zeitung" (Montagausgabe). "Wenn alte Meiler abgeschaltet werden und jüngere dafür länger laufen, sinkt das Risiko und steigt die nukleare Sicherheit", warb Gabriel in der Zeitung für das vorzeitige Herunterfahren der alten Atommeiler. Die Vorfälle in Brunsbüttel und Krümmel seien "jedenfalls keine Werbeveranstaltungen für die Verlängerung von AKW-Laufzeiten".

Als Mittel zum Klimaschutz lehnte Gabriel die Kernkraft strikt ab. Eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken trage lediglich mit vier Prozentpunkten zur Verringerung der CO2-Emissionen bei. "Allerdings bei 100 Prozent höherem Restrisiko mit Uraltmeilern und mit einer enormen Vermehrung des Atommülls, dessen sichere Endlagerung bisher ungelöst ist."

Personelle Konsequenzen drohen

Der Energieversorger Vattenfall, der gemeinsam mit Eon die Pannenmeiler betreibt, will sich entgegen anderslautenden Presseberichten nicht von den Kraftwerken verabschieden. Eine Abgabe der Betriebslizenz stehe nicht auf der Tagesordnung, sagte ein Sprecher am Samstag in Berlin. Innerhalb des Konzerns soll es nach Informationen des "Tagesspiegel am Sonntag" personelle Konsequenzen geben.

Wegen des schlechten Krisenmanagements von Vattenfall sehen Eon und RWE laut "Berliner Zeitung" praktisch keine Chance mehr für längere Laufzeiten. Die Branchenkollegen seien massiv verärgert. Eon als Miteigentümer von Krümmel und Brunsbüttel fühle sich von Vattenfall ebenso schlecht informiert wie Behörden und Öffentlichkeit, schrieb die Zeitung unter Berufung auf Unternehmenskreise. Der beantragten Laufzeitverlängerung für die Meiler Biblis A, Brunsbüttel und Neckarwestheim 1 werde wegen der Pannen nun so gut wie keine Chance mehr gegeben.

Die Zwischenfälle werden bei Vattenfall laut "Tagesspiegel am Sonntag" Konsequenzen in der Berliner Konzernspitze haben. Nach Krisentreffen unter Leitung des Vattenfall-Vorstandschefs Klaus Rauscher sollten Anfang dieser Woche "weitreichende Veränderungen im Organisationsablauf des Konzerns" beschlossen werden.

Auch eine Abberufung des Geschäftsführers für den Kernkraftbereich, Bruno Thomauske, sei nicht mehr ausgeschlossen. Ein Sprecher des Unternehmens wollte den Bericht auf Anfrage nicht kommentieren. Laut "Tagesspiegel" wird Thomauske von der Berliner Konzernspitze verantwortlich gemacht für Fehlinformationen an Behörden und Öffentlichkeit nach den Bränden in Krümmel und Brunsbüttel Ende Juni.

In die Vorgänge in Deutschland schaltete sich inzwischen auch der schwedische Mutterkonzern ein. Ein Sprecher von Vattenfall-Chef Lars Josefson sagte dem "Tagesspiegel am Sonntag", die Konzernspitze in Stockholm verfolge die Vorgänge in Deutschland "sehr genau". Man sehe, dass eine "kritische Situation für das Vertrauen in Vattenfall Deutschland entstanden ist".

Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) warnte die SPD davor, nach den Zwischenfällen die Atomkraft generell als unsicher zu brandmarken. Die Pannen in Krümmel und die Informationspolitik seien zwar "schlimm" gewesen und daraus müssten "Konsequenzen gezogen werden, notfalls auch juristische", sagte Huber der "Bild am Sonntag". Die Vorkommnisse änderten aber nichts daran, "dass Deutschland die sichersten Atomkraftwerke der Welt hat".

(afp)
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