Interview mit dem BDI-Präsidenten Thumann wehrt sich

Düsseldorf (RP). Interview mit dem BDI-Präsidenten über die harsche Kritik seiner Vorgänger: "Sie schwächen den Verband." Der designierte Hauptgeschäftsführer Röttgen wird wohl spätestens im Frühjahr 2008 sein Mandat niederlegen.

Herr Thumann, war es ein Fehler, Herrn Röttgen in seiner Funktion als Hauptgeschäftsführer des BDI das Bundestagsmandat zu belassen?

Thumann: Nein, das war es nicht, es war vielmehr ein Glücksfall, einen so talentierten Politiker für uns zu gewinnen. Im Übrigen gibt es auch keinen Dissens in der Sache zwischen BDI-Präsidium, Vorstand und den Vizepräsidenten. Wir waren uns einig, dass Herr Röttgen nicht auf Dauer sein Bundestagsmandat behalten soll.

Warum kann Herr Röttgen das Mandat nicht Anfang 2007 bei Amtsantritt niederlegen?

Wir waren uns auch darin einig, dass wir ihm eine Übergangszeit ermöglichen müssen. Das sollte grundsätzlich gelten, wenn man den Wechsel von der Politik in die Wirtschaft und umgekehrt möglich machen will. Norbert Röttgen muss die Möglichkeit haben, seine Nachfolge im direkt gewonnenen Wahlkreis zu regeln. 18 Monate vor Ende der Legislatur, also im Frühjahr 2008, kann der Nachfolger im Wahlkreis benannt werden. Das wäre dann etwas mehr als ein Jahr nach Amtsantritt. Ich schließe aber auch nicht aus, dass Herr Röttgen sein Mandat früher niederlegt. Dass Herr Röttgen seinen Mandatsverzicht nicht vor Amtsantritt erklären kann, hat auch etwas mit versicherungsrechtlichen Aspekten zu tun.

Wundert Sie die jetzt in einem offenen Brief vorgetragene Kritik ihrer Vorgänger Hans-Olaf Henkel und Michael Rogowski?

Für diese Art des Vorgehens, einen offenen Brief über die Bild-Zeitung zu veröffentlichen, fehlt mir jedes Verständnis. Das ist nicht mein Stil und ich bedaure, dass die Herren Henkel und Rogowski trotz der Gespräche mit mir nicht von ihrem Vorgehen abrückten. Ich kann deren Motivation nicht erkennen: Warum wollen sie Norbert Röttgen beschädigen? In jedem Fall schwächen sie den BDI und die Schlagkraft des Verbandes.

Die Vermutung liegt nahe, dass Rogowski und Henkel mit dem Brief auch Ihren Führungsstil und Ihre Arbeit kritisieren. Sind Sie zu freundlich für einen BDI-Präsidenten?

Ich habe die volle Unterstützung im Verband und ich bekomme viel Zustimmung, was das differenzierte und moderate Vorgehen angeht.

Es gibt Vorstandschefs großer Industriekonzerne, die sich eine schärfere Gangart gegenüber der Politik wünschen, zumal beim Blick auf die Ergebnisse der großen Koalition.

In einer großen Koalition gelten eigene Regeln. Wir können nur inhaltlich überzeugen. Der Holzhammer öffnet keine Türen, er bringt höchstens Schlagzeilen. Zunächst ist es einmal wichtig, intensiv in die Reformdiskussionen eingebunden zu sein und eine Stimme zu haben. Das gelingt uns sehr gut, wie man an der Unternehmensteuerreform erkennen kann, die sich allmählich in unserem Sinne entwickelt.

Da ist der Vize-Präsident Diether Klingelnberg aber anderer Ansicht.

Ich glaube, die Kritik von Herrn Klingelnberg basiert auf einem veralteten Wissen.

Haben Sie Sorge, dass der offene Brief weitere Kritiker auf den Plan ruft?

Wenn die Herren Henkel und Rogowski jetzt nachlegen wollen und sich andere dem anschließen, kann ich das nicht verhindern. Allerdings schadet das dem BDI.

Gibt es einen Punkt, der für Sie bei der Kritik eine Schmerzgrenze markiert?

Ich bin Westfale und lebe schon lange im Rheinland. Ich kann das gut aushalten und habe ein dickes Fell. Ich war mir auch bei Übernahme des Amtes darüber im Klaren, dass solche Phasen auf mich zukommen werden. So lange ich die überwiegende Mehrheit im BDI hinter mir weiß, kann ich damit gut leben. Der Stil allerdings ist schwer zu ertragen.

(Rheinische Post)
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