Schwerpunkt Griechenland Merkel und Hollande mahnen Athen

Berlin · Die Kanzlerin und der französische Präsident berieten ihre Strategie für Griechenland. Sie pochen auf Sparanstrengungen, doch eine Hintertür für Erleichterungen ist gefunden: Bei einer starken Rezession dürfen die Auflagen gelockert werden. Athen bietet nun den Verkauf seiner Inseln an.

Im Kampf um die Rettung des Euro ziehen der Sozialist François Hollande und die Konservative Angela Merkel nun an einem Strang. Bei ihrem Treffen in Berlin ermahnten der französische Staatspräsident und die deutsche Kanzlerin Athen, zu sparen. "Ich werde Griechenland ermutigen, auf dem Reformweg, der den Menschen in Griechenland sehr viel abverlangt, voran zu gehen", sagte Merkel. Hollande ergänzte, Athen müsse "die notwendigen Anstrengungen unternehmen". Er betonte aber auch: "Ich möchte, dass Griechenland in der Eurozone bleibt." Merkel erklärte zum Streit um neue Zugeständnisse: "Für mich ist wichtig, dass wir den Troika-Bericht abwarten, um dann zu schauen, was das Ergebnis ist." Die Troika aus Vertretern der EU, der Europäischen Zentralbank und des Währungsfonds soll bis September über die Reformen in Griechenland berichten.

Eine Hintertür für Erleichterungen bei den Sparauflagen ist bereits gefunden: In den Vereinbarungen zwischen Griechenland und seinen Geldgebern findet sich eine Klausel, wonach die Frist für die Erfüllung der Sparziele verlängert werden kann, wenn das Land tiefer als erwartet in die Rezession rutscht, wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gestern in einem SWR-Interview überraschend erklärte. Der Bericht der Troika werde zeigen, ob die Rezession tiefer ausfällt als erwartet, so Schäuble.

François Hollande hatte sich schon früher bereit erklärt, den Griechen mehr Zeit zu geben. Er hegt sogar Sympathie für ein drittes Rettungspaket, das lehnt Deutschland aber strikt ab. Französische Banken sind stärker als Institute anderer Länder in Griechenland engagiert. Sie würden eine Pleite und ein Austritt von Griechenland besonders stark treffen.

Mit Blick auf die Erleichterungs-Klausel sind auch die jüngsten Klagen des griechischen Premierminister Antonis Samaras zu verstehen. "Unsere Wirtschaft ist um 27 Prozent geschrumpft, Griechenland blutet, es blutet wirklich", hatte Samaras erklärt. Heute kommt der konservative Politiker zum Staatsbesuch nach Berlin, morgen wird er in Paris empfangen. Griechenland hofft darauf, dass es sein Haushaltsdefizit erst im Jahr 2016 auf drei Prozent der Wirtschaftsleistung senken muss. Bislang war das Jahr 2014 vereinbart worden, was als unerreichbar gilt.

Um seine Geldgeber gnädig zu stimmen, kündigte die griechische Regierung im Vorfeld der Samaras-Visiten eine Reihe von Maßnahmen an, die nicht in Griechenland, aber bei den Geberländern populär sind. Seine Regierung sei bereit, unbewohnte Inseln zu verkaufen, sagte Samaras der französischen Zeitung "Le Monde". Manche Insel könnte durchaus von wirtschaftlichem Nutzen sein. Bedingung sei aber, dass der Verkauf keine Gefahr für die nationale Sicherheit bedeute, so Samaras.

Zudem prüft das griechische Justizministerium derzeit das Vermögen aller Spitzenpolitiker und vergleicht es mit dem Einkommen, das sie dem Fiskus gemeldet hatten. Die Kontrollen sollen bis in das Jahr 1974 zurückreichen und sich auf die Vermögen aller Minister, Regierungs- und Partei-Chefs beziehen.

Den Finanzmärkten gefiel die Aussicht auf mehr Zeit für Athen. Der Euro notierte fester bei 1,25 Dollar. Die Linke fordert weitere Zugeständnisse. "Bilaterale Gespräche bringen auf Dauer nichts. Wir brauchen eine europäische Schuldenkonferenz, auf der ohne Tabus multilateral über eine Gesamtlösung der Schuldenkrise geredet wird", sagte Vize-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht unserer Zeitung. "Wir schlagen eine einmalige fünfzigprozentige Vermögensabgabe der griechischen Millionäre vor."

(qua)
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