Zwei Drittel der Deutschen erwarten mehr Geld Konjunktur ermöglicht Lohnplus

Düsseldorf (RP). Der wirtschaftliche Aufschwung hat den Unternehmen volle Auftragsbücher beschert. Von höheren Gewinnen profitieren auch die Arbeitnehmer. Bundesweit erwarten laut einer neuen Umfrage zwei Drittel in 2011 mehr Geld. Viele Betriebe haben angekündigt, Tariferhöhungen vorzuziehen.

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Foto: gms

Mit den deutschen Löhnen geht es aufwärts. Dies glauben zumindest die Arbeitnehmer, wie eine am Montag veröffentlichte Studie des "Handelsblatt" zeigt. 64 Prozent der Befragten unterstützen die Forderungen der Gewerkschaften nach höheren Löhnen und rechnen mit mehr Geld. Immerhin ein Drittel rechnet mit einem Plus von mehr als 2,5 Prozent — wovon häufig ein großer Teil in die Altersvorsorge fließen soll.

Tatsächlich gibt es bei den Gehältern schon jetzt nur eine Richtung — nach oben. Das zeigt die große Zahl an Sonderzahlungen in bekannten Firmen. Und auch die vorgezogenen Tariferhöhungen in vielen Unternehmen speziell der Stahl- und Autobranche gehen in diese Richtung.

Viele Unternehmen ziehen Lohnerhöhungen vor

Vorgezogene Tariferhöhungen für den 1. Februar 1010 haben beispielsweise die Autobauer Audi, Porsche und VW angekündigt. Daimler hatte lange gezögert, stimmte aber dann doch der Forderung der Gewerkschaften zu, die Löhne vorzeitig anzuheben. Siemens will die Tariferhöhung ebenfalls vorziehen und zusätzlich 310 Millionen Euro Prämien auszahlen — bis zu 1000 Euro pro Kopf. Lanxess will rund 20 Millionen Euro an die Beschäftigen zahlen. Zuletzt erklärte die Deutsche Bahn, jedem ihrer 150 000 Beschäftigten in Deutschland eine Prämie in Höhe von 500 Euro zu gewähren.

In Nordrhein-Westfalen haben laut IG Metall rund 360 Unternehmen beschlossen, Lohnerhöhungen vorzuziehen, das sind rund ein Drittel der ihr zugehörigen Betriebe. "Wir gehen davon aus, dass die Zahl der vorgezogenen Tariferhöhungen noch einmal deutlich steigt", sagt IG Metall-Bezirksleiter Oliver Burkhard. "Nach Krise und Kurzarbeit ist es jetzt ein Gebot der Fairness, die Arbeitnehmer an der verbesserten Auftragslage zu beteiligen." Zuletzt hatten in NRW die Firmen Aluminium Norf aus Neuss, Bosch in Mönchengladbach und Voith Paper Krefeld vorgezogene Lohnerhöhungen angekündigt.

Insgesamt seien die Löhne in diesem Jahr moderat um zwei Prozent gestiegen, sagt Hagen Lesch, Tarifexperte beim arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). "Beobachten konnte man in diesem Jahr, dass verstärkt zum Mittel der Einmalzahlung gegriffen wurde", so Lesch. Pauschalen und Prämien ermöglichten es den Firmen einerseits, Arbeitnehmer an steigenden Gewinnen zu beteiligen, andererseits blieb das Risiko gering, weil keine Tarifbindung eingegangen werden musste.

Tarifverhandlungen standen unter Eindruck der Wirtschaftskrise

In diesem Jahr standen die Tarifverhandlungen noch deutlich unter dem Eindruck der Wirtschaftskrise", sagt Reinhard Bispick, Leiter des Tarifarchivs bei der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Trendwende in der Lohnpolitik sei der Stahlabschluss im September gewesen. Die damals erreichte Tariferhöhung von 3,6 Prozent sieht Bispinck als "positives Signal".

Bispinck geht davon aus, dass angesichts der wirtschaftlichen Erholung und dem prognostizierten Wachstum von zwei Prozent höhere Lohnsteigerungen möglich sind. Für die Gewerkschaften sieht er vor diesem Hintergrund eine "bessere Verhandlungsbasis".

Der eher den Arbeitgebern nahestehende IW-Tarifexperte Lesch dagegen sagt: "Ich sehe die Forderung nach höheren Löhnen skeptisch." Noch habe die deutsche Wirtschaft nicht das Vorkrisenniveau erreicht. Insbesondere die exportabhängige Industrie habe die durch die Wirtschaftskrise erlittenen Einbrüche noch nicht überwunden. Für die Arbeitnehmer zählen diese Argumente nicht — sie wollen an steigenden Gewinnen beteiligt werden. So etwa die Beschäftigten von RWE, die sechs Prozent mehr Lohn fordern. In der letzten Tarifrunde hatten sie ein Lohnplus von drei Prozent sowie eine Einmalzahlung von 1000 Euro als inakzeptabel ausgeschlagen.

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