Donnerstag entscheidet sich die Zukunft Euro-Krise: Was man jetzt wissen sollte

Düsseldorf (RPO). Die Euro-Krise hat Anfang 2010 begonnen. Nun spitzt sie sich immer weiter zu. Ab Donnerstag beraten die EU-Regierungschefs über eine Lösung. Worum geht es genau? Wie groß ist die Gefahr? Was kann man tun?

Euro-Krise: Das sind Merkels Gegner und Verbündete
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Euro-Krise: Das sind Merkels Gegner und Verbündete

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Worin besteht die Euro-Krise?

Dem Euro geht es noch überraschend gut. Er hat den Deutschen eine geringere Inflation beschert als einst die D-Mark. Mit einem Wert von 1,32 Dollar hat er auch einen viel höheren Außenwert, als man ihm zugetraut hatte. Selbst auf dem ersten Höhepunkt der Euro-Krise im Frühjahr war er nur knapp unter 1,20 Dollar gefallen. Das ist hoch, wenn man bedenkt, dass er im Jahr 2000 auch schon mal auf 0,83 Dollar gefallen war. Der Euro ist bislang eine harte Währung. Die Euro-Krise besteht darin, dass die ihn nutzende Währungsunion auseinanderzufallen droht.

Was ist das Problem der Währungsunion?

Ökonomisch ist es sinnvoll, nur Länder mit ähnlicher Wirtschaftskraft und Stabilitätskultur zu einem Währungsraum zusammenzufassen. Die Währungsunion in den 90er Jahren wurde aber unter politischen Gesichtspunkten konstruiert. Ein vergleichsweise rückständiges und schuldenfreudiges Land wie Griechenland hätte niemals aufgenommen werden dürfen. Dass es dabei auch noch Statistiken fälschte, hat den Vertrauensverlust noch verschärft.

Auch Portugals Wirtschaft ist nicht wettbewerbsfähig. Die Portugiesen haben dem Wegbrechen ihrer einst zentralen Textilbranche nichts entgegensetzen können. Selbst das irische Wunder war ein künstlich durch Subventionen erzeugtes. Irland hat mit Dumping-Steuern ungesund viele Banken angelockt und musste in der Finanzkrise überdurchschnittlich viele Banken retten, was seine Verschuldung hochtrieb. So verletzten immer mehr Länder, aus unterschiedlichen Gründen, die Verschuldungs-Regeln der Euro-Zone (Maastricht-Kriterien) und drohen nun — eins nach dem anderen — wie Dominosteine zu fallen.

Wie funktioniert der Dominoeffekt?

Im März 2010 stand Griechenland als erster Euro-Staat vor der Pleite. Das zeigte sich darin, dass die griechische Regierung am freien Kapitalmarkt fast keine Kredite mehr bekam, mit denen sie auslaufende Kredite ablösen konnte. Der Zins für Staatsanleihen, über die Athen seine Kredite aufnahm, war über 20 Prozent geklettert. Um zu verhindern, dass Griechenland sich für zahlungsunfähig erklärt, spannten die Euro-Länder einen Rettungsschirm für 80 Milliarden Euro auf. Obwohl die europäischen Verträge eigentlich verbieten, dass Staaten für die Schulden anderer Staaten eintreten.

Dann zweifelten die Finanzmärkte an Irland, als sich herausstellte, dass die Rettung irischer Banken noch mehr Steuergeld erfordert als befürchtet. Dies trieb Irlands Kredit-Zinsen hoch. Auch Portugal begann zu wackeln. Die Euro-Länder schnürten im Mai zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) ein 750 Milliarden Euro schweres Paket. In dieser Höhe garantieren die starken Länder Kredite, die Banken und private Investoren an schwache Länder vergeben. Doch das ist zu wenig, um auch Spanien zu retten, an dessen Zahlungsfähigkeit die Finanzmärkte mittlerweile zweifeln.

Kann Spanien pleitegehen?

Experten halten das für möglich. Spaniens Staatsfinanzen sind zwar vergleichsweise robust. Doch die Wirtschaftsstruktur ist ungesund: Der Bausektor ist noch immer zu groß. Die Wirtschaft wächst kaum. Spanien hat wegen seines hohen Kündigungsschutzes und seiner überhöhten Löhne eine Arbeitslosenquote von über 20 Prozent — trauriger Rekord in der Europäischen Union. Mit einem Fall Spaniens bekäme die Euro-Krise eine neue Dimension.

Denn das iberische Land ist größer als die anderen Pleitekandidaten (Griechenland, Irland und Portugal) zusammen. Für Spanien würde der Rettungsschirm nicht mehr reichen, für möglicherweise folgende Länder wie Italien und Belgien ohnehin nicht. "Spanien ist zu groß, um zu scheitern, und zu groß, um gerettet zu werden", sagt der amerikanische Ökonom Nouriel Roubini.

Was müssen die Euro-Länder tun?

Der Chef der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, fordert Euro-Bonds. Das sind Anleihen, die von den Ländern der Euro-Zone gemeinsam herausgegeben werden. Der Zins für diese Gemeinschafts-Kredite würde zwischen dem niedrigen Zins liegen, den Deutschland derzeit zahlt (zwei Prozent), und dem hohen griechischen (elf Prozent). Deutschland und Frankreich lehnen aus gutem Grund einen solchen Einheitszins ab.

Anderer Vorschlag: Die Länder machen den Rettungsschirm größer. Auch wenn die deutsche Bundesregierung solche Pläne noch tapfer zurückweist — Bundesbank-Präsident Axel Weber hat bereits offen darüber gesprochen. Am Ende werden die Euro-Länder nicht darum herumkommen.

Dauerhaft löst das aber kein Problem. Dazu muss rasch eine Insolvenzordnung für Staaten her. Wenn Staaten (geordnet) Pleite gehen können, werden Banken und Investmentfonds von leichtfertiger Kreditvergabe abgehalten. Zugleich müssen private Gläubiger im Falle einer Pleite auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten, was ihnen derzeit der Steuerzahler noch erspart. Doch bislang wehren sich die schwachen Euro-Länder erfolgreich gegen diesen Plan, den die deutsche Regierung verfolgt.

Kann ein Land austreten?

Theoretisch ja, praktisch nicht. Wenn ein schwacher Staat wie Griechenland austräte, würde seine Währung dramatisch abwerten. Seine Schulden in Euro blieben, die könnte er nicht mehr bedienen, er ginge pleite und löste möglicherweise einen weltweiten Banken-Crash aus. Wenn ein starker Staat wie Deutschland austräte, würde seine neue Währung (Neuro, neue Mark) stark aufwerten. Das würde die deutsche Exportwirtschaft abstürzen lassen. Alle Vorteile, die gerade der Vize-Exportweltmeister aus dem einheitlichen Währungsraum zieht, wären dahin. Zudem wäre auch eine Euro-Zone der Schwachen kaum lebensfähig. Unabsehbar sind die politischen Verwerfungen, die ein Auseinanderbrechen des Jahrhundert-Projekts auslösen würde.

Wann droht eigentlich Inflation?

Schulden allein führen noch nicht zu einer Steigerung der Preise. Dazu kommt es erst, wenn die Notenbank zu viel frisches Geld in den Markt gibt. Bislang ist das in der Euro-Zone nicht der Fall, die Inflationsrate in Deutschland liegt bei 1,5 Prozent. Doch wenn die Europäische Notenbank (EZB) dem Beispiel der amerikanischen Notenbank Fed folgen, für gewaltige Summen Staatsanleihen kaufen und damit den Euro-Staaten Kredite geben würde, würden die Preise kräftig steigen. Darum ist es wichtig, dass die Politik die Euro-Krise löst und nicht die EZB. Ab Donnerstag hat sie die Chance dazu.

(RP)
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