Hannover Kanzlerin Merkel eröffnet die Cebit

Hannover · Für die CDU-Politikerin ist die Informationstechnologie eine der Branchen mit dem größten Wachstum. Die Messe, die sie gestern eröffnet hat, beschäftigt sich mit dem Trend zum mobilen Surfen. Die Telekom hat schon Neues im Plan.

"Den rasanten Wandel in der IT-Welt mit dem richtigen politischen Rahmen unterstützen" – dafür hat Angela Merkel gestern bei der Eröffnung der weltgrößten Computermesse Cebit geworben. Die Bundeskanzlerin, die die Messe gemeinsam mit Donald Tusk eröffnete, dem Premier des diesjährigen Partnerlandes Polen, sagte, man dürfe global den Anschluss nicht verpassen. Die IT-Branche sei eine, die Wachstum produzieren könne.

Einer aus dem Kreis der möglichen Wachstumsträger hat schon Neues im Visier: Die Telekom baut faktisch ein weiteres Mobilfunknetz in Deutschland auf. Es wird für DSL-Kunden des Konzerns kostenlos sein. Darauf läuft ein gestern auf der Cebit vorgestelltes Projekt namens W-Lan-To-Go mit dem spanischen Diensteanbieter Fon hinaus. Danach können DSL-Kunden der Telekom ab Sommer einen W-Lan-Router bestellen, der Nutzern der W-Lan-To-Go-Gemeinschaft über einen zweiten, separaten W-Lan-Zugang kostenloses Surfen erlaubt. Die Kunden, die ihren DSL-Zugang so zur Verfügung stellen, werden im Gegenzug selber Mitglied der Community und können dann überall kostenlos mit Laptop, Smartphone oder Tablet-PC surfen.

"Wir wollen in drei Jahren 2,5 Millionen Hot-Spots in Deutschland anbieten", sagte Telekom-Chef Renè Obermann, der heute 50 wird. Die Nutzer könnten dann weltweit mehr als neun Millionen Hot-Spots nutzen; bisher hat die Telekom nur 11 000 an Bahnhöfen und Flughäfen. Auch Nicht-Telekom-Kunden sollen mitsurfen können, wenn sie Tages- oder Wochenpässe kaufen. Obermann: "Gerade für Geschäftskunden oder im Urlaub ist unser neues Angebot attraktiv. Im Hotel kostet das Surfen per Laptop doch oft 20 Euro am Tag, jetzt deutlich weniger oder gar nichts."

Die Ankündigung bestätigt, dass mobiles Surfen einer der großen Trends in der Telefon- und Computerindustrie ist. Gleichzeitig setzen Telekom, Vodafone und andere Unternehmen auf immer mehr Partnerschaften, um den Kunden neue Dienste anzubieten. Dabei stehen speziell neue Angebote für die Verknüpfung von Medizintechnik und Mobilfunk bei der Cebit im Fokus.

Wie wichtig das Sicherheitsthema ist, zeigt sich auch bei W-Lan-to-go. So konnte Obermann den Projektstart nur durchsetzen, nachdem geklärt war, dass der W-Lan-Verkehr eines DSL-Kunden komplett getrennt wird von der Nutzung des zweiten W-Lan-Routers durch Fremde . Und da nur authentifizierte Nutzer über das "zweite" W-Lansurfen können, haftet der Inhaber des DSL-Anschlusses nicht für eventuelle illegale Downloads anderer Nutzer. Obermann nimmt bei dem neuen Angebot hin, dass die Telekom Umsatz im Mobilfunk verlieren wird: "Die unterwegs genutzten Datenmengen in den nächsten Jahren steigen so extrem, dass wir nur froh sind über diesen zusätzlichen Weg des Datentransports."

Auch der zweite Telefonriese hierzulande, Vodafone-Deutschland, rechnet mit einem weiteren Boom beim Datengeschäft. Dabei setzt Jens Schulte-Bockum, der neue Vorsitzende der Geschäftsführung, allerdings vorrangig auf die neue Mobilfunktechnik LTE ("Long-Term-Evolution"). Er will das LTE-Netz so engmaschig knüpfen, dass das Vodafone-Netz spätestens 2014 wieder besser ist als das der Telekom – aktuell gibt er einigen "Restaurierungsbedarf" zu. Schulte-Bockum hält klassischen Mobilfunk auch für sicherer als mobiles Surfen über eine Vielzahl privater W-Lan-Stationen wie beim neuen Projekt der Telekom. Zu Gerüchten, dass Vodafone Kabel-Deutschland kaufen will, wollte er sich nicht äußern.

Gleichzeitig setzt Vodafone wie die ganze IT-Branche vorrangig auf höherwertige Dienstleistungen, um dem Preisverfall im Mobilfunk- und auch im Festnetz entgegenzuwirken. So will der Konzern mit Funkstationen bei der Bewältigung der Energiewende helfen. Als Partner der Car-Sharing-Firma "Drive Now" hilft Vodafone, dass Kunden einen freien Wagen per Smartphone und GPS leicht finden – einmal eingestiegen, werden Fahrtstrecke und Zeit gemessen, auch die Abrechnung läuft automatisch ab. Eine digitale Bilderwand in Wandgröße soll Händlern helfen, mehr Produkte zu verkaufen. Kunden bestellen gezeigte Produkte per Smartphone und bekommen sie später geliefert, oder sie holen sie nach der Arbeit abgepackt ab. Mit der Firma TrxCare wurde eine App für Smartphones entwickelt, die Senioren an die Einnahme von Medizin erinnert. Und mit Boston Scientific entwickelt Vodafone ein Überwachungssystem für Herzpatienten. Rund zehntausend Menschen in Italien hilft das System bereits, ihren Herzschrittmacher zu überwachen. Das System soll möglichst bald auch nach Deutschland kommen.

(RP)
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