Düsseldorf Gewalt in Zügen - EVG kritisiert die Bahn

Düsseldorf · Nach einem Zwischenfall in NRW verlangt die Gewerkschaft rasche Konsequenzen.

Ende Mai schubste ein alkoholisierter Fahrgast in Potsdam eine Schaffnerin aus einem Regionalexpress. Wenige Tage später attackierte ein Mann in Berlin einen Kontrolleur mit einem Kopfstoß und bedrohte einen weiteren mit einem Messer. Am vergangenen Donnerstag pöbelte eine Gruppe Jugendlicher bei einer Fahrkartenkontrolle in Gladbeck eine Zugbegleiterin an und drohten damit, diese aus dem stehenden Zug zu werfen. Drei Vorfälle innerhalb von nur vier Wochen.

Nun fordert die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) rasche Konsequenzen. "Die zunehmende Verrohung im Umgang mit Bahnmitarbeitern ist völlig inakzeptabel, wir dürfen nicht zulassen, dass Arbeitgeber und Auftraggeber ein solches Verhalten weiterhin mit einem hilflosen Schulterzucken hinnehmen", sagte der Vize-Gewerkschaftschef Klaus-Dieter Hommel. Die EVG will eine Task Force einrichten, um alle rechtlichen Möglichkeiten zu prü-fen, "wie auf die steigende Bedrohungslage im Sinne der Beschäftigten reagiert werden kann". Hommel forderte, dass die Mitarbeiter in einer brenzligen Situation ihren Dienst einstellen müssten und Züge dann nicht mehr weiterfahren dürften. Gleichzeitig verlangte er, "die Doppelbesetzung der Züge umzusetzen und das Sicherheitspersonal an und in den Bahnhöfen aufzustocken".

"Leider nehmen wir eine allgemeine Verrohung wahr. Der Respekt vor Uniformen geht deutlich zurück, die Hemmschwelle für Gewalt sinkt. Nicht nur in Zügen und Bahnhöfen", sagte ein Bahn-Sprecher unserer Redaktion, "wir arbeiten kontinuierlich daran, unsere Mitarbeiter besser zu schützen: häufigere Schulungen, Anpassung von Dienstplänen, mehr Präsenz von Sicherheitskräften, Beförderungsausschlüsse gegen Täter." Dazu stünde die Bahn im Dialog mit den Gewerkschaften.

Alle 5500 Mitarbeiter im Kundenkontakt bekämen Deeskalations- und Selbstverteidigungstrainings. "Die Sicherheitskräfte trainieren im Schnitt alle zwei Monate Verhalten und Deeskalation in Konfliktsituationen." Die Bahn-Mitarbeiter seien angewiesen, bei jedem Angriff die Polizei zu rufen - nur so sei die Strafverfolgung gewährleistet, so der Sprecher. "Das kann bedeuten, dass Züge bis zum Eintreffen der Polizei nicht weiterfahren."

Laut einer Statistik der Bahn betreffen zwei Drittel der Übergriffe das Sicherheitspersonal, die ohnehin stets in Zweier-Teams unterwegs sind. Etwa 20 Prozent der Taten entfielen auf die Zugbegleiter. Ein Großteil der Angriffe finde am Wochenende und bei Festen und Veranstaltungen statt, sehr oft sei bei den Tätern Alkohol im Spiel.

Das Thema beschäftigt auch den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr. Bei einem Sicherheitskongress im April gemeinsam mit dem NRW-Verkehrsministerium und dem Zweckverband Nahverkehr Rheinland hatten die Beteiligten unter anderem zugesagt, in den kommenden drei Jahren das Personal aufzustocken.

(maxi)
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