"Panama Papers" Mehr als 1000 Deutsche nutzten Offshore-Dienste

Düsseldorf · Die Enthüllungen rund um die "Panama Papers" sorgen weltweit für Wirbel. Mehr als 1000 Deutsche sollen die Offshore-Dienste in Anspruch genommen haben – darunter ein bekannter Rennfahrer. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Reaktionen auf die Veröffentlichung der "Panama Papers"
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Foto: afp, ii

Die Enthüllungen rund um die "Panama Papers" sorgen weltweit für Wirbel. Mehr als 1000 Deutsche sollen die Offshore-Dienste in Anspruch genommen haben — darunter ein bekannter Rennfahrer. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Was steht in den "Panama Papers"?

Die Unterlagen sollen E-Mails, Urkunden, Kontoauszüge, Passkopien und weitere Dokumente zu rund 214.000 Briefkastenfirmen umfassen, vor allem in Panama und den Britischen Jungferninseln. Die Veröffentlichung des Datensatzes bringt mehr als 14.000 Personen mit Offshore-Firmen in Verbindung. Die Daten beziehen sich auf einen Zeitraum von 1977 bis Ende 2015.

Was sind Offshore-Konten?

Offshore-Bankkonten in exotischen Ländern können dazu genutzt werden, Regulierungsaufsichten und Steuerverpflichtungen zu umgehen. Unternehmen und Privatpersonen benutzen Strohfirmen, die zunächst mit keinen bedeutenden Vermögenswerten oder Tätigkeiten verbunden sind, häufig zum Verschleiern des Besitzes des Geldes.

Tauchen Deutsche in den Papieren auf?

Ja. Nico Rosbergs Dienste für den Mercedes-Benz-Rennstall in der Formel 1 werden angeblich vertraglich über eine Briefkastenfirma namens "Ambitious Group" auf den Britischen Jungferninseln geregelt. Sie gehört laut "tagesschau.de" zwei anderen Unternehmen mit Sitz auf der Insel Jersey und wird von der Anwaltskanzlei in Panama verwaltet. Daimler Benz erklärte dazu auf Anfrage lediglich, die Firma gehöre nicht zur Unternehmensgruppe. Auch Nico Rosberg selbst wolle keine Fragen zu der "Ambitious Group" beantworten, nicht einmal die, ob ihm die Firma gehöre, berichtet "tagesschau.de". Sein Anwalt habe erklärt, es gebe kein Fehlverhalten seines Mandanten, weswegen der sich auch nicht zu erklären hätte. Insgesamt sollen mehr als 1000 Namen aus Deutschland genannt werden.

Zudem sollen zahlreiche Banken aus Deutschland als Vermittler von Offshore-Geschäften aufgetreten sein. Die Namen Berenberg Bank und Deutsche Bank sollen häufig vorkommen. Die Banken selbst betonen die Rechtmäßigkeit der Vorgänge.

Welche anderen prominenten Namen stehen in den Datensätzen?

Die Namen von zwölf früheren und amtierenden Staats- und Regierungschefs sowie 128 weiteren Politikern, Geschäftsleuten, Kriminellen, Sportstars und anderen Prominenten sollen in den Unterlagen auftauchen — darunter der isländische Regierungschef Sigmundur Gunnlaugsson und der argentinische Fußball-Star Lionel Messi. Auch Banken wie HSBC, UBS, Credit Suisse und Deutsche Bank sollen zum Zweck der Gründung von Offshore-Konten mit Mossack Fonseca zusammengearbeitet haben.

Wie kamen die Daten an die Öffentlichkeit?

Der Datensatz wurde der "Süddeutschen Zeitung" von einer anonymen Quelle zugespielt. Die Zeitung teilte die Daten mit dem Internationalen Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) und Partnern auf der ganzen Welt. Etwa 370 Journalisten aus 78 Ländern haben im Zuge der Recherchen den Datenschatz aus rund 11,5 Millionen Dateien ausgewertet. Es handle sich um "ein gigantisches Leak in einer bislang nicht vorstellbaren Dimension von rund 2,6 Terabyte".

Was hat es mit der Anwaltskanzlei in Panama auf sich?

Von der Kanzlei stammen die Daten, welche der "Süddeutschen Zeitung" zugespielt wurden. Die Kanzlei Mossack Fonseca bietet die Gründung und Verwaltung von Offshore-Firmen an. Nach eigenen Angaben beschäftigt das Unternehmen über 500 Mitarbeiter auf der ganzen Welt. Mossack Fonseca bietet zudem Rechtsberatung unter anderem in den Bereichen Finanzen, geistiges Eigentum und öffentliche Ausschreibungen an. Außerdem setzt die Kanzlei Treuhandfonds und private Stiftungen auf und verwaltet sie. Der Mitgründer der Firma, Ramon Fonseca, bestätigte die Echtheit der Dokumente, wies jedoch jegliche Verantwortung zurück. Sein Unternehmen habe keine Kontrolle darüber, wie Kunden für sie geschaffene Offshore-Firmen nutzten, sagte Fonseca dem örtlichen Sender Channel 2.

Was bedeuten die Enthüllungen?

Bislang ist völlig unklar, ob und in welchem Umfang es sich bei den Panama-Briefkastenfirmen um strafbare Geschäfte handelt, möglich ist dies aber durchaus. Das müssen nun die Strafverfolgungsbehörden ermitteln. Firmen oder Konzerne können sich laut der Arbeitsgruppe für finanzielle Maßnahmen gegen Geldwäsche (FATF) in Offshore-Standorten niederlassen, um dort ganz legitim Geschäftsfinanzen sowie Fusionen und Übernahmen abzuwickeln oder Steuerplanungen vorzunehmen. Der Präsident des Steuerzahlerbundes, Reiner Holznagel, erklärte, der Besitz einer Briefkastenfirma sei nicht strafbar, aber durchaus fragwürdig.

Warum Panama?

Panama ist einer der wichtigsten Finanzplätze in Lateinamerika. Ein äußerst liberales Bankengesetz lockte zahlreiche Kreditinstitute nach Mittelamerika. Die Finanzkrise ging an Panama weitgehend vorbei und brachte dem Finanzplatz sogar zusätzliche Investitionen. Nachdem sich die Schweiz zuletzt von ihrem Bankgeheimnis verabschiedet hatte, galt Panama vielen als neue Steueroase. Immer wieder gibt es Berichte über illegale Transaktionen. Panama, die karibischen Kaimaninseln und die Bermudas zählen zu mehr als einem Dutzend kleinen Steueroasen, die darauf spezialisiert sind, die Geschäfte und Investitionen von nicht ansässigen Unternehmen zu regeln.

Wie reagierte das Land auf die Veröffentlichungen?

Die Staatsanwaltschaft des mittelamerikanischen Landes hat bereits Ermittlungen zu den Vorwürfen eingeleitet. Panamas Staatschef Juan Carlos Varela sagte die volle Kooperation seines Landes bei der Aufklärung des Falls zu. "Die panamaische Regierung verfolgt eine Null-Toleranz-Politik in allen Bereichen des Rechts- und Finanzwesens, wo nicht mit einem höchsten Maß an Transparenz gearbeitet wird", hieß es in einer Erklärung des Präsidialamts. Für die Regierung sind die "Panama Papers" ein harter Rückschlag in ihren Bemühungen, das mittelamerikanische Land als seriösen Finanzplatz zu positionieren.

Welche Reaktionen gibt es in der EU und in Deutschland?

EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici begrüßte die Enthüllungen als "exzellente Nachricht". "Es gibt immer einen Kampf zu führen gegen die Steuerflucht, den Steuerbetrug, (...) kriminelle Verhaltensweisen und die Korruption", sagte er dem französischen Sender RTL. Der Vize-Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Fuchs (CDU), warnte vor einer voreiligen "Skandalisierung". "Es ist nicht illegal, Firmen im Ausland zu gründen oder Geld ins Ausland zu transferieren", hieß es in einer Mitteilung. Derweil forderte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley harte Konsequenzen. Dem "Kölner Stadt-Anzeiger" sagte sie, dass es ihrer Meinung nach um "asoziales Verhalten" gehe, das nicht straflos bleiben dürfe. Weitere Reaktionen finden Sie hier.

Welche Folgen haben die Veröffentlichungen?

Inzwischen sind bereits vielerorts Ermittlungen eingeleitet worden — und zwar nicht nur vonseiten der panamaischen Staatsanwaltschaft. So hat die österreichische Finanzmarktaufsicht die Überprüfung zweier Banken in Auftrag gegeben. Auch die israelische Steuerbehörde hat eine Untersuchung angekündigt. Die australische Steuerbehörde teilte ebenfalls mit, dass sie wegen möglicher Steuerhinterziehung gegen mehr als 800 wohlhabende Australier ermittele. In Island muss sich Premierminister Sigmundur Gunnlaugsson, dessen Name in den Daten auftauchen soll, einem Misstrauensvotum stellen.

(csi/das/dpa/AFP/AP/rtr)
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