Krise noch nicht überwunden Deutschland zieht Europa aus Rezession

Berlin · Nach Deutschland meldet auch Frankreich ein kräftiges Wachstum im zweiten Vierteljahr. Die Schrumpfungsphase in der Euro-Zone ist vorerst beendet. Doch Konjunkturexperten warnen vor Euphorie: Die Euro-Krise sei noch lange nicht überwunden.

Die Euro-Zone hat die längste Rezession ihrer Geschichte dank des kräftigen Wachstums der deutschen und der französischen Wirtschaft im zweiten Vierteljahr vorerst überwunden. Erstmals seit eineinhalb Jahren zog die Wirtschaft im Euro-Raum wieder an — vor allem weil Deutschland und Frankreich mit hohen Wachstumsraten überraschten. Die deutsche Wirtschaft, die Nummer eins im Euro-Raum, wuchs zwischen April und Juni um 0,7 Prozent gegenüber dem Vorquartal und damit so stark wie seit mehr als einem Jahr nicht. Auch Frankreich, Nummer zwei im Währungsraum, legte mit 0,5 Prozent ein ordentliches Wachstum hin.

In Deutschland stützten vor allem die privaten Konsumenten die Konjunktur. Doch auch die Exporte brachten im zweiten Quartal wieder mehr Wachstumsimpulse, ebenso die Ausrüstungsinvestitionen der Unternehmen. Konjunkturexperten warnten jedoch vor Euphorie. Das zweite Halbjahr 2013 werde nur etwa halb so gut laufen wie das erste Halbjahr, das Wachstum im Gesamtjahr kaum ein Prozent erreichen. Erst für das kommende Jahr erwarten viele wieder einen kräftigeren Aufschwung. Größtes Risiko bleibt die Euro-Schuldenkrise. Jeder neue Rückschlag in Portugal, Italien, Griechenland könne Europa zurück in die Rezession bringen.

"Die Euro-Zone wird aus der Rezession gehievt. Daran hat Deutschland den Löwenanteil", sagte Andreas Scheuerle, Europa-Chefökonom der Dekabank. "Möglich gemacht haben das unsere spendierfreudigen Konsumenten, die wieder mehr Geld ausgegeben haben", sagte Scheuerle. Auch von den Exporten seien Impulse gekommen. "Die steigenden Investitionen sind vor allem Nachholeffekten zu verdanken, besonders in der Baubranche." Dieses Tempo lasse sich so aber nicht halten. "Das Wachstum wird moderater ausfallen. Im zweiten Halbjahr dürfte ein Plus von 0,3 bis 0,4 Prozent herauskommen", sagte Scheuerle weiter.

Deutschland hat Exportdelle ausgebügelt

Die deutsche Wirtschaft sei im zweiten Vierteljahr sogar besser gelaufen als die amerikanische, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Dies liege vor allem an Nachholeffekten der Bauwirtschaft, die wegen des schlechten Wetters im Winter nicht von der Stelle kam. Zudem habe die deutsche Wirtschaft eine "Exportdelle" ausgebügelt. Im Winterhalbjahr seien die Exporte geschrumpft, erst seit April seien sie dann wieder kräftig und wie gewohnt angesprungen.

Auch für 2014 geben die Ökonomen aber keine Entwarnung. Die Schuldenkrise berge noch zu viele Risiken. Die Überwindung der Rezession im Euro-Raum dürfte zwar die europäische Nachfrage nach deutschen Produkten steigern, was die deutsche Exportwirtschaft weiter beflügeln wird. Doch stehe der Währungsunion noch eine "lange Phase" mit geringen Wachstumsraten bevor, sagte Christoph Schmidt, Chef des Rats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, dem sogenannten Rat der fünf Wirtschaftsweisen. "Der Befreiungsschlag bleibt vorerst aus", sagte Schmidt, der auch Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) ist.

Zunächst müsse der europäische Bankensektor gesunden, was Jahre beanspruchen wird, und Krisenländer wie Griechenland müssten vereinbarte Reformen auch in die Tat umsetzen. Die politische Krise in Italien müsse überwunden werden. Auch die Schwergewichte Italien und Frankreich stehen vor schmerzhaften Strukturreformen, die zunächst Wachstum kosten. Die Europäische Zentralbank werde die Konjunktur noch für längere Zeit mit Niedrigzinsen stützen, so Schmidt.

(mar)
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