Stuttgart Daimler trotz Skandalen mit Rekorden

Stuttgart · Weder der Kartellverdacht noch der Dieselskandal verdirbt den Stuttgartern das Geschäft. Daimler verkaufte so viele Autos wie nie. Davon profitieren auch Mitarbeiter und Aktionäre: Sie bekommen hohe Prämien und Dividenden.

Bei einem Umsatz von rund 165 Milliarden Euro hat Daimler im vergangenen Jahr so viele Autos verkauft wie nie zuvor. Knapp 2,3 Millionen Fahrzeuge der Kernmarke Mercedes-Benz hat Daimler unter die Leute gebracht - fast zehn Prozent mehr als im Jahr zuvor. "Unser Unternehmen ist kerngesund und profitabel", sagte Daimler Chef Dieter Zetsche bei der Präsentation der Bilanz.

Überschattet wurde die Rekord-Show in Stuttgart von den Enthüllungen über die Lobbyorganisation EUGT. Die wurde von Volkswagen, Daimler, BMW und dem Autozulieferer Bosch gegründet und hatte Abgasversuche an Affen und Menschen in Auftrag gegeben. Neben Volkswagen hat auch Daimler personelle Konsequenzen gezogen: Der Chef des Daimler-Umweltschutzes, Udo Hartmann, musste seinen Hut nehmen. Er saß auch im Vorstand der Lobbyorganisation EUGT.

Zetsche wollte sich zu Details der Affäre nicht äußern. Daimler werde aber "die Vorgänge lückenlos aufklären"; und er betonte, dass das Unternehmen solche Versuche verabscheue. Zetsche sprach sich aber gegen eine Nachrüstung der Motoren aus, die zu lange dauere und von den Kunden gar nicht erwünscht sei. Auch das Abschaffen des Steuervorteils beim Dieselkraftstoff, von VW-Chef Matthias Müller befürwortet, hält er für "nicht empfehlenswert". Den Blick in die Zukunft gerichtet, verwies Zetsche auf den verordneten Kulturwandel im Unternehmen: Ein "gemeinsames Verständnis von integrem Verhalten" sei wichtig. Welche Auswirkungen der dadurch wieder aufgeflammte Dieselskandal habe, sei noch nicht abzuschätzen. Dass der Daimler Chef besorgt sein muss, liegt auf der Hand: Wenn Diesel in der Gunst der Kunden fallen, werden Konzerne wie Daimler es schwer haben, die von der EU festgesetzten CO2-Grenzwerte künftig einzuhalten.

Die vielen Skandale haben die Kunden aber kaum verschreckt. Im Gesamtjahr weisen die Zahlen deutlich nach oben - vor allem dank der steigenden Absätze in China und der anziehenden Verkäufe von teuren und spritschluckenden Sportgeländewagen (SUV). "Wir haben unsere Führung im Premiumsegment ausgebaut", so Zetsche. Ein Seitenhieb in Richtung des Rivalen BMW. Denn der BMW-Chef Harald Krüger hatte unlängst angekündigt, kräftig aufs Gas zu treten und Daimler bis 2020 wieder überholen zu wollen.

Einstweilen aber klingelt die Kasse bei Daimler unüberhörbar: Der Überschuss ist auf knapp 11 Milliarden Euro gestiegen - ein Plus von einem Viertel gegenüber dem Vorjahr. Allerdings war der Vergleichswert wegen Sonderbelastungen vergleichsweise niedrig ausgefallen. Die sprudelnden Gewinne kommen nun auch den Mitarbeitern zu Gute - in Form einer Sonderprovision für Tarifangestellte. Und auch die Daimler-Aktionäre können sich freuen: Sie erwartet eine Rekorddividende von 3,65 Euro pro Aktie. Im vergangenen Jahr gab es 3,25 Euro. Die Anleger reagierten dennoch skeptisch: Die Aktie fiel zeitweise um drei Prozent und war eines der Schlusslichter im Dax. Das lag am verhaltenem Ausblick. Das Vorsteuerergebnis, so prognostiziert Finanzchef Bodo Uebber, werde wohl nur noch auf dem Niveau von 2017 verharren, die Umsätze würden nur leicht steigen.

Vor allem höhere Kosten für neue Technologien und Produkte würden 2018 zu Buche schlagen - Ausgaben also beispielsweise für Investitionen in Elektromobilität. Hier sieht Branchenanalyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler für die deutsche Autoindustrie durchaus Nachholbedarf: "Bei Elektroautos, der Batterie- und Akkutechnik, da haben die Deutschen zu lange gewartet", lautet sein Urteil. Es dürfte also nicht leicht sein, eine so makellose Bilanz wie die für das vergangene Jahr noch einmal hinzubekommen.

(RP)
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