Düsseldorf Noch reicht das Bargeld

Düsseldorf · Streiks bei Geldtransport-Unternehmen sorgen dafür, dass viele Banken und Co. nicht mit Bargeld beliefert werden. Es geht um 1,50 Euro.

 Streikende Geldtransport-Fahrer blockieren für einige Minuten die Abfahrt von Geldtransportern der Firma Prosegur in Hamburg.

Streikende Geldtransport-Fahrer blockieren für einige Minuten die Abfahrt von Geldtransportern der Firma Prosegur in Hamburg.

Foto: dpa/Bodo Marks

Schwere Geldkassetten voll mit Münzen schleppen und trotz Waffe an der Hüfte immer mit dem Risiko leben, überfallen zu werden – für die Gewerkschaft Verdi ist die Sache klar: für diesen Job sollte es mehr geben als die 16,53 Euro, die Fahrer von Geldtransporten momentan in NRW bekommen. Und erst recht mehr als die 12,64 Euro, die es etwa in Sachsen gibt.

Zum Jahresbeginn sind die Beschäftigten der Geldtransportbranche deswegen in den zeitweiligen Ausstand getreten. Die Gewerkschaft verbucht die Warnstreiks am Mittwoch als Erfolg. Bundesweit seien hunderte Transporte ausgefallen, rund 3000 Beschäftigte hätten sich über das gesamte Bundesgebiet an den Ausständen beteiligt. Das sind mehr Fahrer von Geldtransportern, Geldzähler und andere Beschäftigte der Branche, als im Vorfeld von der Gewerkschaft erwartet.

Zahlreiche Banken bekamen somit am ersten Geschäftstag des neuen Jahres kein frisches Bargeld, Händler konnten teilweise die Tageseinnahmen nicht abholen lassen. Die Warnstreiks hätten aber nur an wenigen Geldautomaten zur Knappheit an Bargeld geführt. Deswegen hielten sich die Folgen für Verbraucher des Warnstreiks in Grenzen. „Es gibt keine Bargeldknappheit im Handel oder überlaufende Tresore in den Supermärkten – auch nicht bei drei Streiktagen“, sagte die Sprecherin der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste, Silke Wollmann. Es könne aber passieren, dass einem Automaten mal die Scheine ausgingen und Kunden dann zum nächsten müssten.

Auch die deutsche Kreditwirtschaft sieht durch die Streiks keine größeren Auswirkungen auf Geschäfte und Verbraucher zukommen. Beim Sparkassenverband Westfalen-Lippe in Münster heißt es, bislang gebe es keine größeren Probleme. Traditionell sei die erste Januar-Woche auch eine Zeit, in der Geldautomaten seltener aufgefüllt werden müssen. „Die große Zeit des Geldausgebens ist ja gerade vorbei“, sagte ein Sprecher. Laut dem Geldtransport-Unternehmen Ziemann, das unter anderem in Köln, Münster und Bochum Betriebsstätten hat und am Mittwoch bestreikt wurde, gab es vor dem Jahreswechsel zudem noch einmal eine erhöhte Service-Frequenz, um die Banken mit Bargeld zu versorgen. Entsprechend entspannt ist die Lage daher auch noch bei der Stadtsparkasse Düsseldorf. „Wir waren darauf vorbereitet“, sagte ein Sprecher. Auch der Handelsverband blieb am Mittwoch gelassen.

Noch. Denn die Gewerkschaft will auch am Donnerstag weiter streiken. „Ich rechne damit, dass sich in allen Bundesländern auch am Donnerstag Beschäftigte an den Warnstreiks beteiligen“, sagte Verdi-Verhandlungsführer Arno Peukes unserer Redaktion.

Parallel sollen auch die Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft und den Arbeitgebern in Berlin weiter gehen. Mit den Arbeitsniederlegungen will Verdi den Druck in den derzeit laufenden Tarifverhandlungen für die rund 11.000 Beschäftigten der Branche erhöhen. Verdi fordert einen um 1,50 Euro höheren Stundenlohn für die Tarifbeschäftigten für zwei Jahre in Folge, oder 250 Euro mehr Monatslohn. Zudem wollen die Arbeitnehmervertreter erreichen, dass die Gehälter zwischen Beschäftigten im Osten und Westen angeglichen werden. Laut Verdi liegen die Gehälter im Osten bei 1.800 bis 2.400 Euro, im Westen dagegen bei zwischen 2.200 und 2.900 Euro.

Durch eine Annahme der bisherigen Angebote der Arbeitgeberseite würden sich die Verdienstunterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern noch vergrößern, kritisierte Peukes. „Wir haben uns in den Verhandlungen kompromissbereit gezeigt, aber solche Vorschläge sind nicht kompromissfähig.“ Peukes zeigte sich aber optimistisch, dass eine Einigung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in Berlin möglich sei.

 Streikende Geldtransport-Fahrer blockieren für einige Minuten die Abfahrt von Geldtransportern der Firma Prosegur in Hamburg.

Streikende Geldtransport-Fahrer blockieren für einige Minuten die Abfahrt von Geldtransportern der Firma Prosegur in Hamburg.

Foto: dpa/Bodo Marks

Zumal erste Branchenvertreter dem Druck offenbar bereits nachgegeben: So hätte das Unternehmen Loomis, das im vergangenen Jahr das Geldtransport-Geschäft vom Essener Unternehmen Kötter übernommen hatte, am 28. Dezember per Aushang verkündet, ab dem 1. Januar 74 Cent pro Stunde mehr zu bezahlen, heißt es bei Verdi. Weitere 76 Cent sollen demnach ab dem 1. Januar 2020 gezahlt werden. In Summe wären das die 1,50 Euro mehr, die man in den Verhandlungen komplett für dieses Jahr erstreiken will. Für Loomis zahlt sich die Rechnung offenbar aus. „Das hat die Streikbereitschaft gesenkt“, heißt es bei Verdi: „Dabei handelt es sich dabei lediglich um eine freiwillige Leistung.“

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