Interview mit Köln-Trainer Stöger: "Ich nehme mich nicht so wichtig"

Köln · Seit Saisonbeginn ist Peter Stöger Trainer des Zweitligisten 1. FC Köln. Der Österreicher plant mit dem Traditionsverein die Rückkehr in die Erstklassigkeit. Als Tabellenführer sehen sich die Rheinländer auf einem guten Weg.

2. Bundesliga 13/14: Köln stellt Peter Stöger vor
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Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass Sie allein schon wegen ihrer modischen Brillen prädestiniert scheinen, mit dem 1. FC Köln irgendwann deutscher Meister zu werden? Felix Magath hat das mit den Bayern und Wolfsburg ja schon vorgelebt...

Peter Stöger Es wird nicht an der Brille liegen. Wenn wir es schaffen sollten, mit dem Aufstieg unseren und den Traum vieler Menschen hier erfüllen zu können, hat das zu null Prozent mit meinen Brillen zu tun. Möglicherweise mit dem einen oder anderen Durchblick, aber nicht mit den Brillen.

Scherz beiseite. Wie erklären Sie sich die Tatsache, dass es mit Ihnen und Manager Jörg Schmadtke beim 1. FC Köln gelungen scheint, eine in den vorangegangenen Jahren höchst selten erlebte Ruhe zu installieren?

Stöger Ich habe die Vergleiche nicht. Als ich hierherkam, war es eigentlich schon ruhig. Niemand war aufgeregt, obwohl wir eine Mannschaft zusammenbauen mussten. Das haben wir in Ruhe umgesetzt. Im Jahr vor mir war das, glaube ich, auch schon so, aber womöglich hat es in den Jahren davor vielleicht mal ein wenig Aktionismus gegeben. Jetzt wird oft gesagt, dass die Ruhe in erster Linie an Jörg Schmadtke und mir liege. Aber das ist nicht so. Es gibt hier nirgends Querschüsse.

Warum wird Ihre Mannschaft schon in diesem Jahr wieder in die erste Liga zurückkehren? Was macht Sie da zum jetzigen Zeitpunkt sicher?

Stöger Es gibt nichts, das mich sicher macht. Sport bedeutet permanente Arbeit und Weiterentwicklung. Unsere Aufgabe ist es, konsequent weiterzuarbeiten, auch wenn bei manchen offenbar die Erwartung herrscht, es sei schon alles klar. Es ist realistisch, dass wir am Ende vorn dabei sind, wenn wir unser Niveau halten oder sogar verbessern. Wenn wir das schaffen, spricht vieles dafür, dass wir aufsteigen. Aber die Liga ist ausgeglichen, wir müssen gewarnt sein.

Nur zwei Niederlagen und lediglich zehn Gegentore drücken deutlich aus, dass Ihr Team überaus stabil geworden ist. Sind Sie bei Ihrer Taktik ein Defensiv- oder Sicherheits-Fan?

Stöger Wir haben mit Kaiserslautern und Paderborn die zweitmeisten Tore geschossen. Mein Credo ist, dass wir offensiven Fußball spielen und viele Tore erzielen wollen. Aber in der Defensive sind wir wirklich sehr gut organisiert. Da macht das Team echt einen tollen Job.

Warum kann es sich der 1. FC Köln nicht erlauben, noch eine weitere Spielzeit zweitklassig zu bleiben?

Stöger Ich weiß nicht, ob wir uns das auf gar keinen Fall erlauben können. Natürlich wäre es sehr wichtig, aber wir könnten es auch 2014/2015 gestalten in der zweiten Liga. Die Mannschaft ist ja noch sehr jung. Der Aufstieg liegt klar im Fokus. Wenn man weiß, was dadurch an Mehreinnahmen garantiert wäre, ist es offensichtlich, dass wir uns Richtung erste Liga orientieren. Das ist unser Ziel. Aber wir arbeiten hier nicht nach dem Motto: Alles oder Nichts.

Wie viel Geld muss der Verein in die Hand nehmen, um im Aufstiegsfall eine so starke Mannschaft zusammenzustellen, dass sie nicht direkt wieder in die 2. Liga durchgereicht wird?

Stöger Uns würden sicher einige wenige Spieler gut tun, die ein wenig mehr Routine reinbringen. Das sollten aber trotzdem Spieler sein, die sich noch weiterentwickeln wollen. So lange ich an diesem Punkt mitzureden habe, holen wir keine satten Spieler, die nur nochmal zwei Jahre ihre Karriere ausklingen lassen wollen. Die Spieler müssen noch etwas erreichen wollen, nur so gewährleistet man, dass die Mannschaft am Ende besser wird. Es hängt nicht von der Kohle ab, die man in die Hand nimmt.

Wo sehen Sie den 1. FC Köln und sich selbst in, sagen wir mal, fünf Jahren?

Stöger Das ist schwer zu sagen. Die Rahmenbedingungen hier geben viel her. Wir können uns sicherlich mit kleinen Schritten weiterentwickeln. Sollte ich in fünf Jahren noch hier sein, würde ich sowieso als einer der dienstältesten FC-Trainer in die Geschichtsbücher eingehen. Sollte das so sein, wird der 1. FC Köln wohl um die Europapokalplätze mitspielen. Sonst hätten wir die Erwartungshaltung vermutlich nicht erfüllt.

Wie stellen Sie sich auf den Fall ein, dass es irgendwann eine Krise gibt und Erfolge möglicherweise ausbleiben?

Stöger In Krisen gehen meine Überlegungen nur dahin, was ich für die Jungs tun kann, wie ich sie stärken kann, um vom Misserfolg wieder wegzukommen. Das ist der einzige Gedanke, in diese Richtung würde ich alles unternehmen. Funktioniert es dann trotzdem nicht mehr, wird es eine Personalrochade auf dem Trainerposten geben. Aber es gibt Schlimmeres, als als Fußballtrainer vor die Tür gesetzt zu werden. Mit der Unterschrift unter einen Vertrag muss es jedem Coach klar sein, dass er irgendwann eliminiert werden kann. Ich nehme mich nicht so wichtig. Man ist Zuarbeiter für die Mannschaft. Ich verschwende keine Energie darauf, darüber nachzudenken, was mit meiner Person passieren könnte. Egal ist es mir natürlich nicht, aber im Zweifel muss man es zur Kenntnis nehmen.

Köln ist in den Vorjahren nicht unbedingt ein Hort der Glückseligkeit gewesen...

Stöger Die Mechanismen sind überall gleich, egal, in welchem Klub. In Köln, bei 50.000 Zuschauern und 60.000 Mitgliedern, ist die Wahrnehmung natürlich intensiver. Weil dieser Verein sehr viele Menschen interessiert — und damit auch viele Medien. Aber das will man als Trainer und Profi doch auch. Ich hätte mir auch ein ruhigeres Trainerleben aussuchen können, aber das würde längst nicht so viel Spaß machen.

(dpa)
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