WM-Affäre Beckenbauer bleibt die Schlüsselfigur: Was weiß der Kaiser?

München · Durch die Manöver von Theo Zwanziger rückt erneut Franz Beckenbauer in den Mittelpunkt des Sommermärchen-Skandals. Er ist wohl die Schlüsselfigur.

WM 2006: Die Chronologie der DFB-Affäre
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Foto: dpa

Womöglich sitzt Franz Beckenbauer in diesen Tagen in seinem Haus in Salzburg und denkt sich: Warum regen die Leute in Deutschland sich eigentlich so auf wegen dieser paar Millionen? Für den "Kaiser" gab es selten ein Problem - und wenn, hat er es einfach weggefranzelt, wie damals, als er ein uneheliches Kind gezeugt hatte. Der Wirbel um diese 6,7 Millionen Euro, derentwegen der Deutsche Fußball-Bund (DFB) zu implodieren droht und die WM 2006 plötzlich kein Sommermärchen mehr sein soll, dürfte ihn befremden.

Von den Razzien am Dienstag beim DFB, bei DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, dessen Vorgänger Theo Zwanziger und dem früheren Generalsekretär Horst R. Schmidt blieb Beckenbauer unbehelligt. Gegen Beckenbauer werde nicht ermittelt, weil dieser keinen Einfluss auf die fragliche Steuererklärung des DFB gehabt habe, sagte die Frankfurter Oberstaatsanwältin Nadja Niesen am Mittwoch dem SID. Das heißt freilich nur: Der Verdacht der Steuerhinterziehung in einem "besonders schweren Fall" gilt nicht für Beckenbauer.

Doch spätestens seit der gespenstischen Pressekonferenz seines langjährigen Weggefährten Niersbach ist klar: Franz Beckenbauer ist die Schlüsselfigur in diesem Skandal. Allem Anschein nach ist er der Einzige, der weiß, oder zumindest wissen könnte, was es mit diesen 6,7 Millionen Euro (damals zehn Millionen Schweizer Franken) auf sich hat. Außer einer keineswegs erhellenden Mitteilung vom 26. Oktober hat sich Beckenbauer zum Sachverhalt nicht geäußert. Weil er es nicht soll, hat er damals zeitgleich erklärt.

Theo Zwanziger versucht nun, Beckenbauer erneut in den Mittelpunkt der Affäre zu rücken: Der Verband solle prüfen, ob er finanzielle Ansprüche gegen den damaligen WM-Chef geltend machen könne. Zwanziger zieht Beckenbauer offensichtlich als Nutznießer der nach wie vor undurchsichtigen Millionen-Zahlung der WM-Organisatoren an den Weltverband FIFA in Betracht, da die Überweisung einen anderen Zweck als angegeben gehabt habe. Konkret aber wird auch der ehemalige DFB-Präsident nicht.

Über diese 6,7 Millionen Euro hat sich Beckenbauer am 26. Oktober nur sehr vage und unverbindlich geäußert. In seiner Mitteilung ließ er wissen: "Um einen Finanzierungszuschuss der FIFA zu erhalten, wurde auf einen Vorschlag seitens der FIFA-Finanzkommission eingegangen, den die Beteiligten aus heutiger Sicht hätten zurückweisen sollen. Für diesen Fehler trage ich als Präsident des damaligen Organisationskomitees die Verantwortung." Unmissverständlich war nur: "Es wurden keine Stimmen gekauft", um die WM 2006 zu bekommen.

Mit den nach wie vor undurchsichtigen 6,7 Millionen Euro sollte nach den bisherigen Erkenntnissen ein Darlehen des ehemaligen adidas-Chefs Robert Louis-Dreyfus ausgeglichen werden: Dies hatte der 2009 verstorbene Franzose angeblich im Jahre 2002 dem klammen deutschen WM-OK gewährt - gegen einen Schuldschein Beckenbauers. Mutmaßlich hat Dreyfus das Geld damals an die FIFA geschickt. Zwanziger will nun allem Anschein nach den Eindruck vermitteln, als wisse Beckenbauer sehr wohl, bei wem die Rückzahlung 2005 gelandet ist.

Beckenbauer selbst hält sich trotz dieser Unterstellungen nach wie vor zurück: Auf Empfehlung der vom DFB eingesetzten Untersuchungskommission, die ihn am 26. Oktober in München vernommen hat, schweigt er zu den Vorgängen, wohl auch auf Anraten seiner Anwälte und Berater. Seinen Job bei Sky hat er ausgesetzt, selbst sein Haussender käme ja nicht umhin, ihn zur Causa zu befragen. Das ist nachzuvollziehen, trägt aber aktuell nicht zur Aufklärung bei. In Deutschland tobt das Chaos, in Österreich bleibt der "Kaiser" ruhig.

(areh/sid)
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