Nachfolger von Theo Zwanziger Niersbach offenbar Favorit auf DFB-Präsidentschaft

Berlin · Vom Sportjournalisten zum DFB-Präsidenten - die Karriere des 61-jährigen Düsseldorfers Wolfgang Niersbach steuert immer deutlicher auf ihren Höhepunkt zu.

Reaktionen zum angekündigten Zwanziger-Rücktritt
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Foto: dapd, APN

Nach Informationen der Nachrichtenagentur dapd wurden bei einem Treffen am Sonntag in Frankfurt entscheidende Fragen zur Findung des Nachfolgers von DFB-Präsident Theo Zwanziger diskutiert. Teilnehmer des Treffens: Zwanziger, Niersbach und der von Zwanziger offenbar selbst als möglicher Nachfolger in Betracht gezogene Erwin Staudt, ehemaliger IBM-Manager und Ex-Präsident von Fußball-Bundesligist VfB Stuttgart.

Das Ergebnis war eindeutig. Zwanziger selbst sicherte Niersbach seine Unterstützung durch die DFB-Landesverbände zu. Diese werden am Mittwoch in Frankfurt die künftige Besetzung des Präsidentenamtes im DFB beraten. Nach dem Treffen darf bezweifelt werden, dass Staudt weiter eigene Ambitionen äußern wird, wenn Niersbach sich klar als Präsidentschaftskandidat positioniert.

Liga-Chef Reinhard Rauball steht für die Nachfolge Zwanzigers nicht zur Verfügung. Das erklärte der 64-Jährige in der Mitgliederversammlung der 36 Profi-Klubs am Montag in Frankfurt/Main.

Zwanziger hatte die Diskussion ins Rollen gebracht, als er am vergangenen Freitag erklärte, im Oktober 2012 als Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zurücktreten zu wollen. Danach entbrannte umgehend die Nachfolgediskussion, zu einem wenig günstigen Zeitpunkt. Im Sommer 2012 geht die Nationalmannschaft als einer der Favoriten in die Europameisterschaft.

Die Konzentration in der Vorbereitung und während des Turniers könnte durch Machtkämpfe gestört werden. Im vorigen Jahr wurde während der WM die Vertragsverlängerung von Bundestrainer Joachim Löw kontrovers debattiert. Auch vor dem Hintergrund eines eventuellen Scheiterns bei der EM sollte ein Präsident im Amt sein, der allgemeinen Rückhalt genießt. Ob Zwanziger nach seiner Erklärung, die weite Teile des DFB überraschte, die Rolle ausfüllen kann, ist fraglich.

Eine schnelle Entscheidung scheint somit notwendig, und alle Äußerungen der vergangenen Tage deuten darauf hin, dass diese gesucht wird. Intern wurde bereits sondiert, welche Fristen und Formalien eingehalten werden müssen, um einen außerordentlichen Bundestag einzuberufen, der notwendig ist, um einen neuen Präsidenten zu wählen. Dieser könnte möglicherweise schon im Frühjahr stattfinden. Planmäßig würden die Delegierten erst 2013 wieder zusammentreffen.

Vereine stehen hinter Niersbach

Auch der ins Gespräch gebrachte Reinhard Rauball, Präsident der Deutschen Fußball Liga, hat intern bereits bekundet, dass die Profivereine hinter Niersbach stehen würden. Hochachtung hat sich Niersbach bei der Bundesliga durch die Verhandlungen des Grundlagenvertrages erworben. Dennoch hat er immer unmissverständlich deutlich gemacht, dass eines seiner Hauptanliegen die Einheit von Amateur- und Profifußball ist. Der DFB-Generalsekretär, der seine Karriere als Sportjournalist beim Sport-Informationsdienst (sid) begann, anschließend als Pressesprecher der Europameisterschaft 1988 in Deutschland und danach bis 2000 als DFB-Mediendirektor tätig war, gilt vielen im deutschen Fußball als optimale Besetzung des Präsidentenamtes.

Gemeinsam mit seinem Vorgänger und heutigen DFB-Schatzmeister Horst R. Schmidt trieb er die deutsche Bewerbung zur WM 2006 voran und hatte dann als OK-Vizepräsident entscheidenden Anteil am Sommermärchen 2006 in Deutschland. Niersbach ist ein Meister der Kommunikation, ebenso geschätzt in der Liga wie in den internationalen Gremien, bei den Sponsoren oder vielen Medien. Durch gute Kontakte und Verhandlungsgeschick ist er im Verbund mit Schmidt ein Garant dafür, dass der DFB wirtschaftlich auf ausgesprochen solidem Fundament steht.

Dies sichert ihm auch in den fünf Landes- und 21 Regionalverbänden des DFB den großen Respekt, der die Voraussetzung ist, um deren Stimmen für die Wahl zu erhalten. Niersbach ist es wegen seiner engen Verbindungen in den Amateurbereich zuzutrauen, dass er die Hürde, dass ein hauptamtlich Angestellter des Verbandes auf den ehrenamtlichen Sitz des höchsten Verbandsvertreters wechselt, überspringen kann.

Koch hegt keine Ambitionen

Er hat das Vertrauen geschaffen, dass er für die grundlegenden Werte des Fußballs einsteht und alle Facetten für eine Fortentwicklung beachtet. Aus den Landesverbänden ist zu vernehmen, dass sie die Personalie Niersbach mittragen würden. Einziger denkbarer Kandidat aus ihren Reihen wäre Rainer Koch, Präsident des Süddeutschen und des Bayrischen Fußball-Verbandes, der aber bereits erklärt hat, keine Ambitionen zu hegen.

Auch Franz Beckenbauer hat sich längst für Niersbach ausgesprochen. Beide arbeiten seit Jahrzehnten zusammen. Niersbach war Pressechef der Nationalmannschaft bei Beckenbauers Titelgewinn 1990 in Italien. Im WM-OK 2006 bildeten beide ein kongeniales Duo. Und auch Günter Netzer zählt zum engeren Freundeskreis des Medienexperten Niersbach.

Alles deutet darauf hin, dass es nur noch einer klaren Aussage des Rheinländers bedarf, um die Diskussionen um die Zwanziger-Nachfolge schnell zu beenden. Intern wird sogar schon über Niersbachs Nachfolger gesprochen. Als Kandidat mit großer Aussicht auf die Führung des Generalsekretariats gilt Helmut Sandrock, DFB-Direktor Spielbetrieb. Er weist umfassende Erfahrung als Abteilungsleiter auf und ist ein ausgewiesener Fachmann in Verbandsfragen.

(DAPD)
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