Vereine machen gegen Rechtsextreme mobil Bei "Urwaldgeräuschen" droht Stadionverbot

Frankfurt/Main (AP). Mit dem Anpfiff des Spiels Borussia Dortmund gegen Hansa Rostock startet am 11. August die neue Spielzeit der Bundesliga. Für Victor Ikpeba, Tanko Ibrahim und Viktor Agali beginnt damit neben einer neuen Fußball-Saison vielleicht auch eine neue Saison des Spießrutenlaufs. Denn die Spieler sind dunkelhäutig. Und Menschen mit dunkler Hautfarbe haben in Deutschland einen schweren Stand. Nicht nur auf der Straße müssen sie mit rassistischen Übergriffen rechnen. Auch aus Fußballstadien werden immer wieder Fälle von fremdenfeindlichen Ausschreitungen bekannt.

Beim FC Hansa Rostock, dem Verein von Agali, habe es in den letzten Jahren keine größeren Probleme mit rechtsextremen Fans gegeben, versichert Hansa-Sprecher Axel Schulz. "Aber bei den vereinzelt vorkommenden Verstößen gegen unsere Regeln, wonach verfassungsfeindliche Symbole oder rechtsextreme Lieder und Sprüche nicht geduldet werden, erfolgt unweigerlich Zutrittsverbot für das heimische Stadion." Dieses kompromisslose Vorgehen habe sich bewährt.

Nicht nur in Rostock schreibt die Stadionordnung ein Vorgehen gegen rassistisches oder rechtsextremes Verhalten vor. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat im vergangenen Jahr eine Musterstadionordnung entworfen, die einen Antirassimusparagraphen enthält. "Die wurde inzwischen in fast allen Vereinen umgesetzt", sagt Hans Florin, Referent der Sicherheitskommission im Generalsekretariat des DFB. Demnach ist es Stadionbesuchern verboten, "rassistisches, fremdenfeindliches und rechtsradikales Propagandamaterial" mitzuführen oder derartige "Parolen zu äußern oder zu verbreiten".

"Wir glauben, dass auch der Sport mit aufgerufen ist, sich zu wehren", sagt Florin. Deswegen habe sein Verband vor zwei Jahren an alle Vereine und Mitgliedsverbände einen Zehn-Punkte-Katalog geschickt. Die darin enthaltenen Vorschläge für Zeichen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit seien von den Vereinen sehr gut aufgenommen worden. "Arminia Bielefeld hat zum Beispiel unseren Vorschlag übernommen, Besitzer von Dauerkarten zu verpflichten, sich nicht an rassistischen Beschimpfungen oder Gesängen zu beteiligen und derartiges Verhalten zu melden."

Daneben empfiehlt der DFB die Entwicklung von Aktionsprogrammen in Zusammenarbeit mit Behörden, Polizei und Fanclubs. In vielen Vereinen gibt es bereits derartige Projekte, zum Beispiel beim SV Werder Bremen das Fan-Projekt "Aktionen zum Abbau von Ausländer- und Fremdenfeindlichkeit". Bei Hertha BSC wird es nach Angaben des Fanbeauftragten Carsten Grab mit Beginn der neuen Saison ein so genanntes offizielles Fanprojekt (OFC) geben.

Die Mitglieder aller im OFC anerkannten Fanclubs müssen sich gegen politische Äußerungen und Gesten, gegen den Einsatz von Pyrotechnik und gegen Gewalt aussprechen. Die Resonanz auf diese Aktion sei "außerordentlich groß". Von den insgesamt 631 Hertha-Fanclubs hätten sich innerhalb von drei Wochen bisher etwa 200 Fanclubs der Initiative angeschlossen, sagt Grab. Auf jeden Fall würden noch mehr dazu kommen, da die großen Fanclubs erst ihre Mitglieder befragen müssten.

Gewalttätige ethnische Konflikte nehmen zu

Auch bei Schalke 04 gibt es eine Faninitiative "Schalker gegen Rassismus". Diese wurde im März für ihre Arbeit mit dem "Goldenen Hammer zur Überwindung von Gewalt und Rassismus" ausgezeichnet. "Im Vergleich zu anderen Fußballvereinen haben wir aber ohnehin weniger Rechtsextremisten, weil wir traditionell viele Ausländer in der Fangemeinde haben", sagt Burkhard Matthiak von der Schalker Pressestelle. Da die Jugendlichen mit ausländischen Altersgenossen groß geworden seien, hätten rechtsextremistische Tendenzen weniger Möglichkeiten.

Doch die Bemühungen der Vereine fallen nicht immer auf fruchtbaren Boden. Der Sportwissenschaftler Gunter Pilz von der Universität Hannover leitet verschiedene Untersuchungen zum Thema Fußball und Gewalt. Eine dieser Untersuchungen beschäftigt sich mit dem Problem, dass vor allem im Amateur- und Jugendfußball gewalttätige Konflikte zwischen Spielern deutscher und nicht-deutscher Herkunft zunehmen.

Daneben beobachtet der Wissenschaftler eine "Ausdifferenzierung der Fanszene". In einer im Internet veröffentlichten Erläuterung zu einem seit fünfzehn Jahren laufenden Fußballfan-Projekt in Hannover heißt es, dort entwickele sich eine "neue, immer stärker werdende Gruppe mit zum Teil sehr stark ausgeprägtem rechtem Potenzial". Diese versuche, die Fußballfanszene "rechts, fremdenfeindlich und rassistisch zu vereinnahmen". Nach Pilz' Erkenntnissen rekrutiert sich diese Gruppe überwiegend aus "angepasst wirkenden Realschülern und Gymnasiasten".

(RPO Archiv)
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