Politiker legt alle Ämter nieder Möllemann tritt zurück

Düsseldorf (rpo). Der Druck war zu groß. Am Sonntagabend hat Jürgen Möllemann die Konsequenzen gezogen und ist als Chef der nordrhein-westfälischen FDP und als Vorsitzender der Düsseldorfer Landtagsfraktion zurückgetreten.

Der FDP-Bundesvorsitzende Guido Westerwelle nannte den Schritt "ebenso konsequent wie notwendig". Bundesschatzmeister Günter Rexrodt sprach von einem "Befreiungsschlag für die FDP".

Schon vor seinem Schritt war Möllemann von Bundes- und Landespolitikern seiner Partei scharf kritisiert worden. An diesem Montagabend sollte eine Sondersitzung des Landesvorstandes mögliche Konsequenzen beraten. Dazu hatte sich auch Westerwelle angesagt. Bereits vor der Sitzung erklärten die beiden Möllemann-Stellvertreter, der 42-jährige Wirtschaftsprofessor Andreas Pinkwart und die Übersetzerin und Bundestagsabgeordnete Ulrike Flach (51), sie wollten für den FDP-Landesvorsitz kandidieren.

Möllemann betonte in dem Schreiben, er werde sicherstellen, dass die FDP durch ihn keinen finanziellen Schaden erleide. Nach Erkenntnissen der Bundes-FDP soll er auf einem Wahlkampf-Sonderkonto 838.000 Euro geparkt und dabei gegen das Parteiengesetz verstoßen haben.

Möllemann schrieb in seiner Erklärung von einer "Jagd aus den eigenen Reihen". Kurz vor einem

für Anfang Oktober geplanten Sonderparteitag war Möllemann mit Herzrhythmusstörungen ins Krankenhaus eingeliefert worden. Der Rücktritt als Fraktionschef falle ihm besonders schwer, so Möllemann. Er wolle aber nicht, dass die Geschlossenheit und politische Kraft der Fraktion seinetwegen in Frage gestellt werde.

Hintertür bleibt offen

"Über meinen künftigen Beitrag zur Politik im einzelnen werde ich nach meiner Genesung entscheiden." Seine Ärzte hätten ihm zwingend verordnet, vor Anfang Dezember keine berufliche Tätigkeit wieder aufzunehmen. "Ich darf also genau das nicht tun, wozu mich Mitglieder der FDP-Führung fortdauernd nötigen wollen", heißt es in der Erklärung.

Westerwelle sagte nach dem Rücktritt: "Nach den Vorgängen um sein Sonderkonto konnte Jürgen Möllemann nicht länger Verantwortung für die FDP tragen." Möllemann sei einer Absetzung durch die FDP-Gremien zuvor gekommen. Er sei damit jedoch nicht von der Aufklärung um das Sonderkonto entbunden, betonte Westerwelle. Auch Rexrodt sagte: "Unabhängig von diesem Rücktritt werden wir natürlich die Vorgänge um die Finanzierung der Faltblattaktion Möllemann weiterhin konsequent und transparent aufklären."

Am Wochenende hatten sich die Forderungen nach Rücktritt oder sogar Parteiausschluss des Chefs des größten und einflussreichsten FDP-Landesverbandes gemehrt. Sollte Möllemann dem nicht nachkommen, könne sich der Landesvorstand selbst auflösen oder die Kreisverbände könnten ihrerseits Misstrauensanträge einbringen, sagte FDP- Landesvize Andreas Pinkwart der dpa. Nach dem Rücktritt erklärte Pinkwart: "Herr Möllemann zieht damit aus der von ihm verursachten, für die FDP katastrophalen Situation erste notwendige Konsequenzen."

Möllemann war bereits 1994 durch Rücktritt des Landesvorstandes nach permanenten Querschüssen gegen den damaligen FDP-Bundeschef Klaus Kinkel in einer nächtlichen Vorstandssitzung gestürzt worden.

Ultimatum von Westerwelle

Westerwelle hatte Möllemann vor dessen Rücktritt ein Ultimatum gesetzt: "Wenn Herr Möllemann die Namen der Spender bis zur Sitzung nicht genannt hat, wird die FDP die politischen und die rechtlichen Konsequenzen ziehen - gleich ob er anwesend oder abwesend ist", sagte er der "Bild"-Zeitung. Möllemann hatte angekündigt, sich wegen seiner Erkrankung frühestens Ende November äußern zu können. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft prüft ein Ermittlungsverfahren gegen ihn.

Rexrodt hatte Möllemann aufgefordert, die Namen der Spender "unverzüglich" offen zu legen. "Diese Auskunft muss für Jürgen W. Möllemann angesichts der offensichtlichen Fortschritte seines Genesungsprozesses unbedingt möglich sein", sagte Rexrodt der dpa.

Möllemann wird vorgeworfen, am 20. September ein Sonderkonto eingerichtet zu haben. Die Überweisungen seien von Banken gekommen, bei denen bis zu 8.000 Euro umfassende Einzelbeiträge bar eingezahlt wurden. 838.000 Euro seien für das NRW-weit-verbreitete Flugblatt abgebucht worden, mit dem Möllemann - ohne Abstimmung mit der Parteiführung - erneut scharfe Attacken gegen die israelische Politik und gegen den Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman, richtete.

Westerwelle sagte zu den Spenden: "Es handelt sich ja auch um eine Summe, die so hoch ist, dass man ganz gewiss nicht vergessen hat, woher das Geld kommt." Die Vorstellung, man könne sich mit einer Aufklärung bis Ende November Zeit lassen, sei absurd.

(RPO Archiv)
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