Kosten des Autoverkehrs

Verkehrslärm, Unfälle und Energieverbrauch: Sind die Umweltkosten des Autos mit den Milliarden gedeckt, die die deutschen Autofahrer sich ihre individuelle Mobilität Jahr für Jahr kosten lassen?

Düsseldorf In der Sprache der Politik ist das Auto mit bemerkenswerter Einseitigkeit meistens entweder Umweltproblem oder Wirtschaftsfaktor. Beide Standpunkte lassen sich schlüssig belegen, sind aber nur schwer gegeneinander abzuwägen. Nützt oder schadet das Auto der Volkswirtschaft? Sind "wir Autofahrer" wirklich die "Deppen der Nation", wie die "Bild"-Zeitung gestern aus Anlass des ungeliebten Öko-Kraftstoffes E 10 und neuen Plänen für höhere Steuern auf Diesel fragte?

Zählt man die Summen zusammen, mit denen die Autofahrer ihren Luxus von individueller Mobilität inzwischen bezahlen müssen, kann man zu diesem Schluss kommen: Deutlich über 40 Milliarden Euro bringen dem Fiskus laut Verband der Automobilindustrie (VDA) pro Jahr alleine Mineralöl-, Öko- und Kfz-Steuer inklusive der aufgesattelten Mehrwertsteuern ein – nur ein Bruchteil davon fließt in den Straßenbau zurück.

Damit ist der Wirtschaftsfaktor Auto aber nicht erfasst. Mit 700 000 direkt Beschäftigten ist die Automobilwirtschaft Deutschlands wichtigster Arbeitgeber und erwirtschaftet laut VDA etwa ein Drittel des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Auf die durchschnittlichen 3000 Euro monatlichen Bruttolohn in dieser Branche entfallen natürlich Lohn- und Einkommensteuern für den Fiskus. Finanziert wird diese Industrie von Autofahrern, die nicht nur neue Autos kaufen, sondern alte auch reparieren lassen, langsame tunen und für schnelle ständig neue Reifen kaufen. Rund 140 Milliarden Euro schoben sie im vergangenen Jahr über die Ladentheke der Automobilwirtschaft – über 20 Milliarden Euro davon wanderten wiederum als Mehrwertsteuer in den Staatssäckel.

Trotzdem seien die Autofahrer keineswegs Melkkühe der Nation, heißt es im Umweltbundesamt. Die volkswirtschaftlichen Kosten, die Autofahrer verursachten, seien weit höher als die Beiträge, die sie zahlten. Eine Studie des Hauses aus dem Jahre 2007 hatte die externen Umweltkosten nur des Pkw-Verkehrs – also die Schadstoff-, Treibhausgas- und Lärmbelästigungen sowie die Zerschneidung von Landschaften durch den Straßenbau – auf etwa drei Cent pro gefahrenem Kilometer festgelegt. Würde man diese Kosten auf den Benzinpreis umlegen, ergäbe sich pro Liter Benzin ein Aufschlag von etwa 37 Cent bei einem Durchschnittsverbrauch von acht Litern pro 100 Kilometern. Zum Vergleich: Der Ökosteueranteil an der Mineralölsteuer betrug im Jahr 2007 nur 15,3 Cent pro Liter Benzin. Das bedeutet: Die Differenz zwischen dem Ökosteueranteil und den externen Umweltkosten beträgt bei Pkw etwa 22 Cent pro Liter Benzin.

Die Politik solle die umweltschädliche Subventionierung des Autoverkehrs abbauen, fordert deshalb der Sprecher des Umweltbundesamtes. Die Regeln der Dienstwagenbesteuerung führten etwa dazu, dass Firmen Autos mit hohem Benzinverbrauch bestellten. Auch die Pendlerpauschale begünstige den Autoverkehr überproportional. Die Gesundheitskosten des Autoverkehrs seien weitgehend unberücksichtigt, monieren Umweltexperten. Jährlich sterben etwa 70 000 Menschen in Deutschland vorzeitig infolge der hohen Feinstaubbelastung, ergab eine aktuelle Studie für die Deutsche Umwelthilfe. Eine andere Untersuchung, diesmal im Auftrag des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums, zeigte unlängst auf, dass das Krebsrisiko für Menschen, die in der Nähe von befahrenen Hauptstraßen wohnen, signifikant höher ist als das anderer Menschen.

(RP)
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