Berlin Erst 30.000 Flüchtlinge haben einen Job

Berlin · BA-Chef Frank-Jürgen Weise beklagt ausbleibende Erfolge bei der Integration von Neuankömmlingen in den Arbeitsmarkt. 130.000 Asylbewerber befänden sich als Arbeitslose in der Grundsicherung.

Die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt läuft nach Einschätzung von Frank-Jürgen Weise, dem Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA) und des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf), nicht zufriedenstellend. Es seien noch keine großen Erfolge erzielt worden. Nach ersten Erhebungen fanden erst 30.000 Flüchtlinge seit dem Frühjahr 2015 einen Job, zugleich leben aus dem Kreis der Asylbewerber inzwischen schon 130.000 Menschen arbeitslos in der Grundsicherung.

"Ich bin nicht zufrieden", sagte Weise unserer Redaktion. Es gebe zwar noch keine einschlägigen Befragungen von Flüchtlingen über ihre Beschäftigungssituation. Aus den Statistiken der Bundesagentur lässt sich aber herauslesen, dass aus der großen Flüchtlingswelle des Vorjahres rund 30.000 Migranten inzwischen einen Job gefunden haben. So arbeiteten aus den acht wichtigsten nicht-europäischen Asyl-Herkunftsländern im April dieses Jahres rund 96.000 Menschen in sozialversicherungspflichtigen Jobs. "Das sind 22.000 mehr als ein Jahr zuvor, also ein Anstieg um 29 Prozent", rechnete Weise vor. Wenn man auch andere Arbeitsgelegenheiten wie Mini-Jobs hinzunehme, sei die Zahl um 30.000 gestiegen.

Gute Nachrichten gibt es zur Berufswahl der Geflüchteten: Diese fänden Arbeit "zumeist in Branchen, in denen bei uns Mangel herrscht", erläuterte Weise. Von den neuen Beschäftigten sei jeder vierte in die Leiharbeit gegangen, gefolgt von Dienstleistungen wie Gebäudereinigung oder Wachdienste. Danach kämen Gastgewerbe, Handel und Kfz-Werkstätten sowie das Gesundheits- und Sozialwesen.

Die Beschäftigung von Flüchtlingen geschieht offenbar vor allem in den traditionellen Familienunternehmen. Nach einer Befragung unter 651 Familienunternehmen hat etwa jeder zehnte Betrieb Flüchtlinge eingestellt. 42 Prozent davon bezögen sich auf ein reguläres Arbeitsverhältnis, nur zwei Prozent seien in Minijobs tätig, 7,2 Prozent als Zeitarbeiter. Der Rest entfällt nach Auskunft von Lutz Goebel, dem Präsidenten des Verbandes der 180.000 deutschen Familienunternehmer, auf Praktika und Ausbildung.

Zu den größten Hindernissen gehöre neben den unzureichenden Sprachkenntnissen vor allem der ungeklärte Aufenthaltsstatus, erläuterte Goebel. Hier gehe das gerade verabschiedete Integrationsgesetz noch nicht weit genug. Die Behörden müssten schnell klären, wer bleiben könne. Monatelange Ungewissheit verunsichere die nach Deutschland gekommenen Menschen, aber auch die Betriebe.

In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass die 30 größten, Dax-notierten Konzerne in Deutschland erst 54 Flüchtlinge beschäftigen - 50 davon allein die Deutsche Post. Daneben seien von allen 300 Ausbildungsstellen geschaffen worden. Von rund 2700 zusätzlich bereitgestellten Praktikumsplätzen seien etwa 500 besetzt.

Weise erläuterte, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit seinen inzwischen 6300 Stellen unter Druck bis zu 800.000 Fälle im Jahr bearbeiten könne. "Wenn wir in den Arbeitsabläufen weiter besser werden, könnten wir bis zu einer Million Fälle pro Jahr schaffen", sagte der Chef der beiden Behörden. Wichtig sei, dass die Organisation sich schnell auf veränderte Zugänge von Asylsuchenden einstellen könne. Sein aktuelles Ziel bestehe darin, bis Jahresende alle Anträge aus den Vorjahren und einen großen Teil der neuen aus diesem Jahr abgearbeitet zu haben.

(may-/qua)
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