Neues Kapitel bei der Endlager-Suche Wohin mit dem Atommüll?

Hamburg (RPO). Im Zusammenhang mit der Energiewende könnte ein neues Kapitel bei der jahrzehntelangen Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle aufgeschlagen werden. Bislang wird nur der Salzstock im niedersächsischen Gorleben geprüft.

Protestrepublik: Bekämpfte Energieprojekte in Deutschland
Infos

Protestrepublik: Bekämpfte Energieprojekte in Deutschland

Infos
Foto: dapd

Aber die Empfehlung der von der Regierung eingesetzten Ethikkommission zum Atomausstieg, den Nuklearmüll "rückholbar" zu lagern, hat die Debatte um mögliche alternative Standorte wieder entfacht. Da inzwischen die süddeutschen Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern einer bundesweiten Erkundung zustimmen, könnten die Karten bald neu gemischt werden.

Was hat es mit der Rückholbarkeit auf sich?

Die Ethikkommission fordert eine Abkehr von der Idee einer unumkehrbaren Einlagerung. Was die Experten im Blick haben, sind neue Entsorgungsideen wie die Transmutation, die vielleicht künftig angewandt werden können. Dabei wird Atommüll mit Neutronen beschossen, um ihn in Stoffe zu verwandeln, die weniger strahlen. Auch wenn unklar sei, ob das je funktioniere, müssten nachfolgende Generationen die Chance haben, sich durch Fortschritte von der Atommüll-Bürde zu befreien, schreibt die Kommission in ihrem am Montag vorgelegten Bericht. Deshalb sei es ratsam, "bei höchsten Sicherheitsanforderungen, den radioaktiven Abfall auf rückholbare Weise zu lagern".

Das widerspricht dem Ziel, den hochradioaktiven Abfall aus Atomreaktoren aus Sicherheitsgründen so zu lagern, dass er zumindest nach einer Übergangszeit unwiderruflich für hunderttausende Jahre von der Umwelt abgeschottet wird. Denn eine endgültige Versiegelung in tiefliegenden Salz-, Ton- oder Granitschichten, die dafür Experten zufolge prinzipiell geeignet sind, erschwert die Rückholung.

Ist Gorleben als Salzstock für eine rückholbare Lagerung dann gänzlich ungeeignet?

Eben weil dies unklar ist, plädiert die Ethikkommission für eine bundesweite Ausweitung der Erkundung. "Ob Gorleben für eine rückholbare Lagerung geeignet ist oder nicht, kann derzeit noch niemand beantworten", bestätigt Wolfram König, Chef des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS), verantwortlich für die sichere Atommülllagerung. Ein Problem: Das Salz dort "fließt" unter dem Druck darüberliegender Erdschichten, wodurch sich Hohlräume schließen. Das sorgt für eine sehr gute Abschottung, macht den Müll aber irgendwann nahezu unerreichbar.

Auch das BfS möchte ein Endlager, aus dem die Abfälle wieder geborgen werden können. Das sei auch eine Lehre aus den Vorgängen im Atommülllager Asse, sagt König. Dort gibt es Probleme mit eindringendem Wasser, der Abfall dort soll wieder geborgen werden. Bereits die aktuellen Bestimmungen verpflichteten Endlagerbetreiber, die Rückholung zu gewährleisten, erläutert König. Das BfS spreche sich für eine vergleichende Standortsuche aus.

Welche Alternativen zu Gorleben sind theoretisch denkbar?

Die jüngst geäußerte Bereitschaft von Baden-Württemberg und Bayern, einer bundesweiten Standorterkundung in allen grundsätzlich geeigneten geologischen Formationen zuzustimmen, könnte den Blick auch auf Süddeutschland richten. Dort gibt es keine Salzformationen wie in Norddeutschland, dafür aber Tonschichten, die nach Analysen der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) zu möglichen Endlager-Wirtsgesteinen zumindest "untersuchungswürdig" sind.

Eine Zone liegt an der Donau an der Grenze zwischen Baden-Württemberg und Bayern, ein anderes in Baden-Württemberg an der Grenze zur Schweiz. Unklar ist bislang, ob es weitere gibt. Die geologische Datenbasis zu Tonschichten ist in Süddeutschland weit weniger gut als im Norden, wo in Niedersachsen, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern sowie Sachsen-Anhalt entsprechende Schichten entdeckt wurden.

(AFP/felt)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort