Fast alle Posten stehen zur Disposition Wo kann die Regierung sparen?

Berlin (RP). Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will im Bundeshaushalt 2011 mindestens zehn Milliarden Euro einsparen. Außer Bildung und Forschung stehen alle Posten zur Disposition. Eine Übersicht.

Zitate aus Merkels Erklärung zur Euro-Krise
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Foto: ddp

"Sparen, bis es quietscht" hatte Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) einst als Losung für die Sanierung der Hauptstadtfinanzen ausgegeben. Ähnliches steht nun Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für den Bund bevor. Die Debatte über das Sparpaket 2011 ist in vollem Gang. Eine Übersicht.

Die "Rasenmäher"-Methode

Hessens Regierungschef Roland Koch (CDU) und der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hans-Peter Friedrich, schlagen eine prozentual gleiche Kürzung aller Etats vor. Kanzlerin Merkel lehnt das jedoch ab. Den größten Etat verwaltet mit 147 Milliarden Euro Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Beamte des Finanzministeriums beziffern das Einsparpotenzial dort auf vier bis fünf Milliarden Euro.

Sozialsysteme

Der Staat bezuschusst die Rentenversicherung mit 80,8 Milliarden Euro pro Jahr. Doch Kürzungen an dieser Stelle hat Merkel in einem Gespräch mit Schäuble am Sonntagabend im Kanzleramt bereits zum Tabu erklärt. Dagegen könnte der Zuschuss zur Gesetzlichen Krankenversicherung von 15,7 Milliarden Euro im laufenden Jahr eingefroren werden. Bisher war geplant, ihn jedes Jahr um 1,5 Milliarden Euro zu steigern. Stagniert der Steueranteil, müssten die Krankenkassen sich das Geld für steigende Gesundheitskosten über höhere Beiträge bei den Versicherten zurückholen.

Dass der Bundeszuschuss an die Bundesagentur für Arbeit (BA) 2011 wieder in ein Darlehen umgewandelt wird, gilt als sicher. Damit sinkt das strukturelle Defizit, also die konjunkturunabhängige Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben im Bundeshaushalt, rechnerisch um 9,4 Milliarden Euro. Zudem will die Koalition die Leistungen für Arbeitslose straffen. BA-Chef Weise schätzt das Einsparpotenzial hier auf zwei Milliarden Euro.

Familien

Das Elterngeld soll gekappt werden. Voraussichtlich wird der Höchstbetrag von monatlich 1800 Euro für die ersten zwölf bis 14 Monate für Mütter oder Väter nach der Geburt eines Kindes abgesenkt. Kürzungen beim Kita-Ausbau für unter Dreijährige, wie sie Roland Koch fordert, lehnt die Bundesregierung dagegen ab.

Subventionen und Steuerboni

Finanzhilfen sind als direkte Zuwendungen von Steuervergünstigungen zu trennen, die das Finanzamt den Steuerzahlern gewährt. Beide Bereiche bergen enormes Sparpotenzial. Laut dem Kieler Institut für Weltwirtschaft machen die Subventionen jährlich rund 50 Milliarden Euro aus, der Bund selbst beziffert die Summe sogar auf 63 Milliarden Euro.

Einen ersten Kürzungsansatz gab es 2003 nach der Vorlage einer Streichliste von Peer Steinbrück (SPD) und Koch. Von der Koch-Steinbrück-Liste ist noch einiges übrig geblieben, das heute genutzt werden könnte. So könnten die Stromsteuerrabatte für die energieintensive Industrie gekappt werden, die Steinkohleförderung rascher beendet und der ermäßigte Mehrwertsteuersatz abgeschafft werden.

Schäuble erwägt, den reduzierten Steuersatz von sieben Prozent nur noch für Produkte zu erlauben, die direkt mit Lebensmitteln oder der Versorgung von Kindern zu tun haben. Die Steuerfreiheit der Schicht- und Feiertagszuschläge soll nach dem Willen Merkels unangetastet bleiben. Das gilt wohl auch für den Sparerfreibetrag und die Zulagen für die Riester-Rente. Diskutiert wird das Aus für die Pendlerpauschale. Dies würde pro Jahr 2,5 Milliarden Euro bringen.

Neue Steuern und Abgaben?

Auch eine Mehrwertsteuererhöhung lehnt Merkel bisher ab. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Klaus Zimmermann, erneuerte dagegen seinen alten Vorschlag, die Steuer von derzeit 19 auf 25 Prozent zu erhöhen. Damit könne der Staat auf einen Schlag 50 Milliarden Euro mehr einnehmen, so Zimmermann.

Offen ist Merkel für eine Kerosinsteuer oder eine höhere Besteuerung von Dienstwagen. Auch die Bankenabgabe könnte noch so umgestaltet werden, dass Einnahmen daraus direkt dem Haushalt zufließen.

(RP)
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