Acht Jahre nach „Deutschland schafft sich ab“ Thilo Sarrazin veröffentlicht 500 Seiten Islamkritik

Berlin · Als SPD-Mitglied machte Sarrazin Karriere. Acht Jahre nach seinem umstrittenen Bestseller „Deutschland schafft sich ab“ hat er nun ein neues Buch herausgegeben. Das sorgt für Kontroversen.

 Thilo Sarrazin verlässt die Pressekonferenz, bei der er sein neues Buch vorgestellt hat.

Thilo Sarrazin verlässt die Pressekonferenz, bei der er sein neues Buch vorgestellt hat.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Das Datum ist kein Zufall: Thilo Sarrazins neues Buch ist am Donnerstag erschienen. Auf den Tag genau acht Jahre nach seinem ersten und politisch umstrittenen Bestseller „Deutschland schafft sich ab“. Nun präsentiert der frühere Berliner SPD-Finanzsenator und Bundesbanker Sarrazin erneut Thesen, die zum Teil für heftige Kontroversen sorgen dürften. „Feindliche Übernahme. Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht“, lautet der Titel.

Darin schreibt Sarrazin, der Anteil der Muslime in Deutschland werde in den nächsten Jahrzehnten deutlich zunehmen. Gleichzeitig sorge der rückständige Islam, den die Mehrheit der Muslime praktiziere, dafür, dass es kaum gelungene Integration und zu wenig Deutschkenntnisse gebe. Die nachfolgenden Generationen der Muslime hätten im Durchschnitt eine schlechtere Schulbildung, wenig wirtschaftliche Erfolge und eine erhöhte Kriminalität. Zudem seien sie wenig aufgeschlossen für Demokratie und Gleichberechtigung.

Sarrazins Fazit: Die „religiös gefärbte kulturelle Andersartigkeit der Mehrheit der Muslime“ und deren steigende Geburtenzahlen gefährdeten die offene Gesellschaft, Demokratie und den Wohlstand. Er fordert, die Einwanderung von Muslimen streng zu regulieren. Flüchtlinge müssten möglichst in der Nähe ihrer ursprünglichen Lebensgebiete versorgt werden. Die Ankunft von Flüchtlingen in Europa müsse verhindert werden, um Asylmissbrauch zu unterbinden. Boote im Mittelmeer sollten aus seiner Sicht an ihren Ausgangspunkt zurückgebracht werden. Illegale Einwanderer und in Deutschland abgelehnte Asylbewerber will Sarrazin „unverzüglich und ausnahmslos“ abschieben.

Sarrazins Ex-Verleger Thomas Rathnow (Verlagsgruppe Random House) begründete in der „Zeit“, warum er das Buch nicht herausbringt: Der Autor argumentiere „schwach“ und entwerfe ein Bild des Islams, das „einer Geißel der Menschheit gleichkommt“. Auch werde „jemandem mit einer korangeprägten Mentalität (...) kaum eine individuelle Entfaltung zugestanden“. Rathnow sagte, er habe zudem in der politisch aufgeladenen Stimmung die Gefahr gesehen, dass „antimuslimische Ressentiments verstärkt werden“.

Die Berliner Grünen warfen Sarrazin vor, die Gesellschaft zu spalten und Gewaltausbrüche anzuheizen. „Wer pauschal gegen einzelne Religionen hetzt, legt damit den Grundstein für rechtsextreme Gewalt und ist damit Teil des Problems.“ Der Landesvorsitzende Werner Graf erklärte: „Für Thilo Sarrazin ist der Islam an allem schuld. Das ist nicht nur diskriminierend, sondern völlig ignorant.“ Sarrazin liefere „einen Brandbeschleuniger für Hass und Gewalt“.

Einige SPD-Politiker hatten bereits angekündigt, nach Erscheinen des Buches erneut Sarrazins Parteimitgliedschaft zu prüfen. Zwei frühere Versuche waren trotz diskriminierender Bemerkungen Sarrazins über „Kopftuchmädchen“ gescheitert.

Der Islamwissenschaftler Mathias Rohe hält die Kernthese des neuen Islam-Buches von Bestsellerautor Thilo Sarrazin von einer drohenden „feindlichen Übernahme“ durch strenggläubige Muslime in Deutschland für nicht haltbar. Sarrazin gehe in seinem Buch „Feindliche Übernahme, Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht“ fälschlicherweise davon aus, dass muslimische Zuwanderer ihre Einstellungen nicht veränderten, „dass sie sich gar nicht auf die deutsche Gesellschaft einlassen“, sagte Rohe der Deutschen Presse-Agentur.

(ubg/dpa)
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