Interview mit dem Innenminister Schäuble verschärft Datenschutz

Düsseldorf (RP). Das Bundeskabinett verabschiedet heute einen Gesetzentwurf von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU), der die persönlichen Daten besser schützen soll. Doch es wird Ausnahmen geben.

Die Chronik der Datenklau-Skandale
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Foto: ddp

Die Datenskandale bei Telekom, Lidl und den staatlichen Lottogesellschaften haben die Republik aufgeschreckt. Jetzt bieten Datenhändler angeblich die Konto-Daten von 21 Millionen Deutschen an. Brauchen wir ganz neue Regeln?

Schäuble Die Vorkommnisse sind nicht in Ordnung, deshalb handeln wir. Wir werden künftig den Adresshandel, also den wichtigsten Teil des Datenhandels, von der Zustimmung der Betroffenen abhängig machen. Damit fällt das Listenprivileg weg, das die Weitergabe von Adressdaten grundsätzlich erlaubt, wenn kein Widerspruch der Betroffenen vorliegt.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, spricht davon, dass mittlerweile jeder befürchten muss, betroffen zu sein.

Schäuble Unbestreitbar hat es gravierende Verstöße gegeben. Unser Gesetzentwurf zielt gerade darauf, den Umgang mit Daten für Werbung, Markt- und Meinungsforschung transparenter und damit auch besser kontrollierbar zu machen.

Wie kann man unseriösen Callcenter-Betreibern, die mit Daten offenbar illegal handeln, das Handwerk legen?

Schäuble Das ist eine Frage an die Staatsanwaltschaft, die in dem von Ihnen angesprochenen Fall ja schon ermittelt. Zudem sind die Aufsichtsbehörden in den Ländern zuständig. Unser Gesetzentwurf wird dabei helfen, ähnliche Taten zu erschweren. Denn wer mit Daten handelt, der wird im Einzelfall nachweisen müssen, dass er dafür die Einwilligung hat. Das macht den Datenhandel nachvollziehbar und schreckt Datendiebe ab.

Das aber drosselt einen wichtigen Jobmotor: die Werbe- und Druckwirtschaft. Hier hängen hunderttausende Arbeitsplätze von der Weitergabe von Adressdaten ab.

Schäuble Das ist richtig. Deshalb machen wir Ausnahmen. Für Hilfsorganisationen, karitative Einrichtungen und andere gemeinnützige Organisationen, die sich für Menschen in Not und Elend einsetzen, für die Förderung von Kunst, Wissenschaft und Sport, gilt das Listenprivileg weiterhin.

Gilt das auch für Branchen, die gewinnorientiert arbeiten?

Schäuble Wenn es um Ausnahmen geht, gibt es immer viele Wünsche. Wenn jemand dem eigenen Katalog, den er einem Kunden schickt, noch etwas an Werbung beilegen möchte, von dem er meint, das interessiere seinen Kunden, dann haben wir nichts dagegen. Denn der Werbetreibende muss selbst beurteilen, was in dem Vertrauensverhältnis mit seinem Kunden geht und was nicht.

Härtere Strafen bei Missbrauch könnten die Sünder auch zur Raison bringen, ohne eine gesamte Branchen unter Generalverdacht zu stellen.

Schäuble Der Verstoß gegen Datenschutzgesetze ist kein Kavaliersdelikt. Wir werden deshalb den Strafrahmen und den Bußgeldkatalog verschärfen.

Datenschützer fordern auch eine Auskunftspflicht über die Herkunft der Daten.

Schäuble Wir dürfen die Auskunftspflicht nicht überstrapazieren. Ein lückenloser Herkunftsnachweis ist unmöglich. Deswegen haben wir davon Abstand genommen. Das würde tatsächlich die Wirtschaft schädigen.

Kritiker halten das Gesetz deswegen für weitgehend wirkungslos.

Schäuble Dann haben sie das Gesetz nicht gelesen. Mit der starken Eingrenzung des Listenprivilegs und den höheren Strafen leisten wir einen wichtigen Beitrag zu mehr Datenschutz. Dazu kommt das Verbot für marktbeherrschende Unternehmen, die Herausgabe von Daten zu erzwingen. Außerdem wird es eine Informationspflicht der Unternehmen bei einem Datenverlust geben. Schließlich stärken wir die Rechte der betrieblichen Beauftragen für den Datenschutz. Das ist ein ausgewogenes Paket, das auch die Branchen, die vom Datenhandel leben, nicht stranguliert.

Martin Kessler und Michael Bröcker führten das Gespräch.

(RP)
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