Auf Schröders Linie eingeschwenkt Rasche Steuerreform - Clement knickt ein

Berlin (rpo). Wolfgang Clement hat seine Forderung nach einer raschen Unternehmensteuerreform vorerst zu den Akten gelegt. Er schwenkte am Donnerstag in Berlin auf die Linie von Finanzminister Hans Eichel und Bundeskanzler Gerhard Schröder ein. Man wolle zunächst das Gutachten der Wirtschaftsweisen abzuwarten. Zuvor gab es bereits erheblichem Widerspruch aus den eigenen Reihen.

Nötig sei einige Monate Geduld. "Die habe sogar ich." Clement betonte, er halte die Reform noch vor der Bundestagswahl 2006 für möglich. Das sei aber "kein Versprechen".

Clement nannte mehrere Hemmnisse für einen baldigen Beschluss. Es handele sich um ein kompliziertes Projekt, der unionsdominierte Bundesrat müsse zustimmen und die Haushaltslage müsse berücksichtigt werden. Der Minister äußerte Zweifel am Einigungswillen der Opposition. Das Gelingen der Unternehmensteuerreform hänge auch davon ab, ob bei der Union "die Bereitschaft dazu wirklich vorhanden ist", sagte er auf einer Mittelstandstagung des Sparkassen-Verbandes. Bisherige Erfahrungen stimmten ihn skeptisch.

Clement hatte zunächst einen schnellstmöglichen Einstieg in die Reform sowie Steuerentlastungen für Firmen gefordert. Nun erklärte er, die entscheidende Frage sei nicht, ob die Steuerlast zu hoch sei, sondern "sind wir damit konkurrenzfähig". Der nominale Satz der Körperschaftsteuer, den Kapitalgesellschaften bezahlen, liege bei rund 38 Prozent, der effektive wahrscheinlich nicht weit davon entfernt. "Das wird bestritten - unter anderem von meinem Kollegen Eichel." Zur Klärung sei die Expertise der Wirtschaftsweisen angefordert worden.

Eine solche Reform anzugehen, ohne dass die Finanzierung stehe, sei sinnlos, betonte Clement. Die Union verzichte hier stets auf Vorschläge, wie auch der jüngste Brief der CDU-Chefin Angela Merkel und des CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber an Bundeskanzler Gerhard Schröder zeige. Das Zehn-Punkte-Programm der Union "bringt gar nichts für die Diskussion" und sei nicht ernst zu nehmen. Man dürfe sich keiner "Illusion über die Lage der öffentlichen Haushalte" hingeben.

Clement für Befreiung von der Erbschaftsteuer

Clement sprach sich dafür aus, Erben von Firmen, die das Unternehmen mindestens zehn Jahr weiter führen, von der Erbschaftsteuer zu befreien. "Ich bin dafür, dass wir einen solchen Weg gehen."

In der SPD-Führung sowie bei Eichel und Schröder war Clement mit seiner Forderung nach einer raschen Unternehmensteuerreform auf Widerstand gestoßen. Sie wollen erst abwarten, ob die Angleichung der europäischen Unternehmensteuern gelingt. Das Gutachten der Wirtschaftsweisen wird für das Jahresende erwartet.

Erst wenn die Vorschläge vorlägen, seien Entscheidungen möglich, betonte Clement, der nach eigenen Worten am Mittwoch mit Eichel über das Thema nochmals gesprochen hatte. Ziel der Reform sei die Abschaffung der unterschiedlichen Besteuerung kleiner und großer Unternehmen. Dabei müsse geklärt werden, was aus der Gewerbesteuer werde, der wichtigsten eigenen Einnahmequelle der Kommunen.

Schröder bekräftigte in seinem Antwortbrief an Merkel und Stoiber seine Linie. Die Wirtschaftsweisen sollten auch prüfen, ob es eine Möglichkeit gebe, Firmengewinne, die zur Schaffung von Arbeitsplätzen eingesetzt würden, steuerbegünstigt würden. "Über Ihre belastbaren Vorschläge zur Gegenfinanzierung bin ich jederzeit zu Gesprächen bereit", sagte Schröder.

(ap)
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