CSU findet nicht zu alter Stärke zurück Parteichef Seehofer unter Druck

Berlin (RP). Die CSU kann hinter ihren Anteil an der neuen Regierung einen dreifachen Haken machen. Einen in V-Form: Verteidigung, Verbraucherschutz, Verkehr. Die drei Posten sicherten sich die Christsozialen. Für den Freistaat sind das Pfunde, mit denen die Christsozialen wuchern werden.

Horst Seehofer im Profil
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Über das Verteidigungsressort lassen sich die lukrativen Aufträge für die bayerische Rüstungsindustrie sichern, die Oberhoheit über Landwirtschaft und Verbraucherschutz ist nicht nur in Krisenzeiten bayerischer Milchbauern für die CSU überlebenswichtig, und auch der Verkehrsetat verfügt über genügend Milliarden, um Infrastruktur gezielt in Bayern zu stützen.

So ist CSU-Chef Horst Seehofer äußerlich noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen. Es gab Befürchtungen, die CSU werde sich nach ihrem vergleichsweise bescheidenen Abschneiden bei der Bundestagswahl mit zwei Ministerposten begnügen müssen. Im Gespräch war eine 8-4-2-Lösung, die für die CSU bedeutet hätte, optisch nur halb so groß wie die FDP zu sein, so wie es inzwischen auch dem Kräfteverhältnis entspricht, wie es von der Zahl der Abgeordneten im neuen Bundestag vorgegeben wird.

Gleichwohl kamen die Gerüchte über einen Zusammenbruch Seehofers, die er umgehend als "Lüge" zurückwies, nicht von ungefähr. Der "grippale Infekt" versinnbildlicht, dass die CSU unter Seehofer längst nicht zu alter Stärke zurückgefunden hat. Die "Quelle"-Insolvenz kommt auch als Niederlage für Seehofer daher, zumal er sich gegen die Bedenken seines Wirtschaftsministers Karl-Theodor zu Guttenberg für staatliche Auffang-Millionen eingesetzt hatte.

Die anhaltende Wähler-Flaute und das derzeit eher glücklose Agieren als Ministerpräsident setzten Seehofer bei den Verhandlungen unter besonderen Erfolgsdruck. Hätte er hier auf breiter Front versagt, wären sogar Rücktrittsrufe aus der CSU kaum mehr aufzuhalten gewesen. Der gesundheitlich Angeschlagene gilt auch als politisch angeschlagen.

So weit ist es nicht gekommen. Seehofer hat einige Kernanliegen der CSU durchsetzen können, an der Steuerfront Schulter an Schulter mit der FDP stehend. Als Niedersachsens CDU-Ministerpräsident Christian Wulff intern den Aufstand der CDU-Länderchefs gegen die Steuersenkungspläne startete, ging FDP-Chef Guido Westerwelle zum Gegenangriff über, sich auf die Unterstützung Seehofers berufend. Der nickte und ließ Westerwelle für sich kämpfen. 25 Milliarden Entlastungsvolumen, höheres Kindergeld, deutlich steigende Freibeträge - so hatte es Seehofer seit gut einem Jahr immer wieder beschworen.

Das bis in die Nachtstunden umstrittene Betreuungsgeld indes drohte zu einem Rückschlag zu werden. Es war eine zentrale Wahlkampfargumentationen bajuwarischer Familienpolitik im CSU-Stil. Auch in der Gesundheitspolitik trägt die Fortentwicklung der Beitragsmodelle eher FDP- als CSU-Handschrift. Wegen tendenziell ähnlicher Pläne der Schwesterpartei hatte Seehofer seinerzeit als Unionsfraktionsvize sogar das Handtuch geworfen. Nun ließ er sich auf einen ungeliebten Kompromiss ein ­ dem er freilich umgehend eine eigene, mit der FDP nicht kompatible Interpretation hinterher schickte. Klares Signal: Hier ist der Streit nicht vorbei. Bei Ärztehonoraren und regionalisierten Beiträgen punktete indes die CSU.

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