Reform der Reform Schwarz-Gelbe Pläne für den Gesundheitsfonds

Düsseldorf (RP). Die neue Regierung plant in der Gesundheitspolitik den großen Wurf. Die Krankenkassen sollen künftig von ihren Versicherten Pauschalen einziehen, die sich nicht mehr nach dem Einkommen bemessen. Kritiker fürchten, dass die Versicherten künftig kräftig draufzahlen müssen.

Gesundheitsreport 2009
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Union und FDP haben sich darauf verständigt, den notwendiggen Umbau des Gesundheitssystems gründlich vorzubereiten. Vorerst wird sich deshalb wenig ändern.

Wird der Gesundheitsfonds nun abgeschafft?

"Noch brauchen wir den Gesundheitsfonds", sagt CDU-Verhandlungsführerin Ursula von der Leyen. Künftig soll aber deutlich weniger Geld über den Fonds verteilt werden. Dafür sollen die Kassen wieder mehr selbst bestimmen dürfen, wie viel Geld sie von ihren Versicherten einziehen, über das sie dann auch selbst verfügen dürfen.

Wie soll die Prämie aussehen, die Krankenkassen von ihren Versicherten einziehen?

Ein Versicherter kostet pro Monat durchschnittlich 180 Euro. Wahrscheinlich wird der Gesetzgeber einen Spielraum festlegen, in dem die Krankenkassen feste Prämien von ihren Versicherten je nach Bedarf einfordern können. "Wir bekommen jetzt wieder mehr Wettbewerb zwischen den Kassen", betonte FDP-Gesundheitsexperte Daniel Bahr. Wer die Prämie nicht zahlen kann, soll über Steuermittel einen Sozialausgleich erhalten. Das Thema birgt Sprengstoff: Während die CSU nur eine kleine Prämie wünscht, würden die Liberalen gerne den gesamten Anteil der Arbeitnehmer an den Gesundheitskosten über eine Prämie finanzieren.

Wann kommt die Prämie?

Voraussichtlich soll Anfang 2011 der Startschuss fallen. Union und FDP wollen zunächst eine Kommission einsetzen, voraussichtlich besetzt mit Politikern und Wissenschaftlern, die ein Konzept ausarbeitet. Vorbild für die Kommission sind beispielsweise die Rürup-Kommission, die für die Rente mit 67 plädiert hatte.

Müssen die Versicherten mehr zahlen?

"Die Versicherten müssen sich auf massive Ausgabensteigerungen einstellen", fürchtet SPD-Gesundheitsexpertin Carola Reimann. Sie kritisiert vor allem, dass der Arbeitgeberbeitrag eingefroren wird. Damit müssten die Versicherten die Kosten der alternden Gesellschaft und für medizinische Neuerungen alleine schultern. Allerdings sollen die Gesundheitsleistungen künftig noch stärker als bisher über Steuern finanziert werden: "Der Solidarausgleich wird dadurch über alle Einkommen und nicht nur über das Arbeitseinkommen der Versicherten geleistet", betonte von der Leyen.

Was passiert im nächsten Jahr?

Es solle sich erst einmal nichts ändern, hieß es. Das ursprüngliche Vorhaben, die Höhe des Zusatzbeitrags von derzeit höchstens einem Prozent des Bruttoeinkommens auf zwei Prozent zu erhöhen, wurde wieder kassiert. Viele Krankenkassen werden im nächsten Jahr einen Zusatzbeitrag erheben müssen. "Die Krankenkassen hängen in der Luft. Die Ein-Prozent-Hürde bei den Zusatzbeiträgen ist nicht realisierbar. Da brauchen wir dringend eine Übergangslösung für 2010", sagt Birgit Fischer, stellvertretende Vorsitzende der Barmer Ersatzkasse. Fischer sagte auch, eine "Sendepause" in der Gesundheitspolitik wäre ein "verheerendes Signal".

Warum regen sich die Krankenkassen über die Vorhaben von Schwarz-Gelb so auf?

Die Krankenkassen hatten gehofft, dass sie den Zusatzbeitrag künftig nicht selbst einziehen müssen, sondern dass dieser direkt vom Arbeitgeber an die Krankenkassen überwiesen werden könnte. Auch die Hoffnung der Krankenkassen, dass die unbeliebte Pflicht, den Versicherten einen Hausarztvertrag anzubieten, wieder gekippt wird, hat sich nicht erfüllt. "Bislang stehen im Streit um die Hausarztverträge 1800 Schiedsamtsverfahren an", sagt Birgit Fischer, Vize-Chefin der Barmer. Bei den Hausarztverträgen fehle jede Orientierungslinie. Das werde unnötige Kosten verursachen, was die Versicherten am Ende zahlen müssten. Viele Krankenkassen hatten den Abschluss eines Hausarztvertrages über die Bundestagswahl hinausgezögert, weil sie mit einer Gesetzesänderung gerechnet hatten, die nun vorerst nicht kommt.

Wie geht die Regierung mit dem Finanzloch der Krankenkassen um?

Das erwartete Defizit der Gesetzlichen Krankenkassen von 7,5 Milliarden Euro soll durch einen zusätzlichen Steuerzuschuss von voraussichtlich vier Milliarden Euro teilweise ausgeglichen werden. Die restlichen drei Milliarden Euro, die dann noch fehlen, werden die Krankenkassen voraussichtlich über Zusatzbeiträge finanzieren.

Wer profitiert von der neuen Gesundheitspolitik?

Die Arbeitgeber werden durch den festen Beitragssatz entlastet. Das Geschäftsmodell der Privaten wurde gestärkt. Wer sich privat versichern lassen will, kann nun wieder nach einem Jahr Wartezeit von der Gesetzlichen in die Private wechseln. Die Ärzte sollen eine einheitliche Gebührenordnung erhalten. Für die Apotheker ist die Gefahr gebannt, dass sie Konkurrenz durch Medikamenten-Verkauf in Drogeriemärkten bekommen.

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